Leverkusen-Krise Schwächste Saison seit 14 Jahren: Coach Schmidt unter Druck

Dortmund (dpa) - Lob statt Schelte - Roger Schmidt pflegte seinen Ruf als eigensinniger Fußball-Lehrer. Trotz des deutlichen 2:6 (0:2) seines Teams bei Borussia Dortmund verblüffte der Leverkusener Coach mit einer positiven Sicht der Dinge.

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„Es hört sich komisch an, aber es war ein guter Schritt in die richtige Richtung“, kommentierte Schmidt, „meine Mannschaft hat einen sehr guten Auftritt hingelegt.“ Mit gewohnter Selbstsicherheit fügte er an: „Ich lasse mich nicht vom Ergebnis blenden.“

Sportdirektor Rudi Völler und Geschäftsführer Michael Schade wirkten dagegen weniger gefasst. Sichtlich enttäuscht verweigerten beide Führungskräfte unmittelbar nach dem Spiel eine Stellungnahme. Naheliegende Fragen, ob der ohnehin schon in der Kritik stehende Trainer nach den drei Niederlagen gegen Atlético Madrid (2:4), Mainz (0:2) und Dortmund in Serie mehr denn je um seinen Job bangen muss, mochten sie zunächst nicht beantworten.

Die erste Stellungnahme von Schade klang jedoch anders als die von Schmidt. „Es war eine desaströse Niederlage. In der Wundertüte war heute eine Niete“, sagte der Geschäftsführer der „Bild am Sonntag“. Auch Rudi Völler verspürte wenig Lust, näher auf das Spiel einzugehen, war aber immerhin zu einem kurzem Statement bereit. „Uns fehlt die Konstanz, das ist leider so“, klagte der Sportdirektor bei „Sky“, „wir dürfen nicht träumen, den Sinn für die Realität verlieren.“

Während Schmidt am Sonntagmorgen das Training mit den Ersatzspielern leitete, saßen die Bosse nach Medienberichten zusammen und berieten über seine Zukunft. Nicht auszuschließen, dass Schmidts schmeichelhafte Umschreibung einer empfindlichen Schlappe als Versuch der Schönfärberei gedeutet wird - sowohl von Völler als auch von Schade. Zwar durfte die Werkself nach den Toren von Kevin Volland (48.) und Wendell (74.) zwischenzeitlich auf ein Remis hoffen, hatte dem Dortmunder Angriffswirbel am Ende aber zu wenig entgegenzusetzen.

Der Trend ist bedenklich. Immerhin fünf der vergangenen sieben Pflichtspiele gingen verloren. Das 2:6 in Dortmund war die bereits elfte Saison-Niederlage. So viele Schlappen musste Bayer zuletzt vor 14 Jahren hinnehmen. Diese ernüchternde Bilanz nimmt allen Beteiligten die Hoffnung, das primäre Saisonziel doch noch zu erreichen. „Die Champions League ist weg. Da muss man ehrlich sein“, bekannte Mittelfeldspieler Lars Bender. Völler würde sich inzwischen auch mit weniger zufrieden geben: „Wir müssen die Distanz zu den Europa-League-Plätzen verkürzen.“

Selbst der Versuch von Schmidt, unter der Woche an den Charakter seiner Profis zu appellieren, verpuffte ohne große Wirkung. „Wer es im Spiel nicht bringt und es im Training nicht zeigt, gehört nicht ins Team von Bayer Leverkusen“, hatte der Coach noch am Freitag getönt und eine härtere Gangart angekündigt. „Mit dieser Kritik an der Mannschaft hatte der Trainer recht“, befand Bender.

Wieder einmal entpuppte sich die von Schmidt bevorzugte Taktik, den Gegner mit gnadenlosem Pressing zu zermürben, als riskant. Wie schon Atlético Madrid nutzten die schnellen Dortmunder Offensivkräfte die so entstehenden Lücken in der Bayer-Defensive gnadenlos aus. Gleichwohl startete Torschütze Volland den Versuch, die Kritik am Trainer auf die Mannschaft zu übertragen: „Jeder Spieler muss vor seiner Haustür kehren. Das 2:6 sollte sich jeder zu Herzen nehmen.“