Bundesliga Punkt der Moral gegen Schalke - Köln trotzdem vor Abstieg
Köln (dpa) - Auch wenn der Kölner Abstieg nun praktisch besiegelt ist, erhoben sich die Zuschauer nach dem Abpfiff und spendeten den verzweifelten Spielern minutenlang Applaus. Nicht nur bei Torwart Timo Horn flossen die Tränen nach dem 2:2 (1:2) vor eigenem Publikum gegen den FC Schalke 04.
„Jeder Gang zu den Fans ist nicht einfach. Aber nicht, weil man etwas befürchtet“, sagte Marcel Risse. Der Mittelfeldspieler zeigte mit seinem Ausgleichstreffer, dass die Moral beim Tabellenletzten ungebrochen ist. „Das ist keine Söldner-Truppe, das ist eine Mannschaft, die den FC liebt und lebt“, sagte Kölns Trainer Stefan Ruthenbeck. Sauer war dagen sein Kollege Domenico Tedesco: „Arroganter kann man nicht spielen“, schimpfte er bei Sky.
Nach 0:2-Rückstand holten die Kölner gegen den Tabellenzweiten aus Schalke noch einen Punkt, doch der Rückstand auf den Relegationsplatz beträgt drei Spiele vor dem Saisonende acht Zähler, der sechste Abstieg ist kaum noch zu verhindern. Den Schalkern tun die verschenkten Punkte kaum weh. Bei sieben Punkten Vorsprung auf Rang fünf ist das Comeback in der Champions League nach vier Jahren fast schon sicher.
„Von Champions League brauchen wir momentan gar nicht reden. Da gibt es Mannschaften, die das besser machen“, sagte Tedesco. Der Trainer war nicht gut auf seine Spieler zu sprechen. „Fahrlässigkeit, Arroganz, das kann man nennen wie man will“, meinte er und bemängelte die fehlende Chancenverwertung. „Wir haben die Torchancen nicht genutzt. Das darf uns nicht passieren.“
Nach Toren von Breel Embolo (5.) und des überragenden Jewgen Konopljanka (23.) schienen die unter der Woche im Pokal-Halbfinale an Frankfurt gescheiterten Gelsenkirchener auf dem besten Weg zum siebten Sieg aus den letzten acht Spielen. Köln schlug durch Leonardo Bittencourt (26.) und Risse (83.) zurück.
Der Europa-League-Teilnehmer aus Köln, der auch noch eine um 14 Treffer schlechtere Tordifferenz als der 16. Freiburg hat, konnte sich auf den sechsten Absturz nach 1998, 2002, 2004, 2006 und 2012 lange vorbereiten, auch wenn in der Rückrunde nach Derby-Siegen gegen Mönchengladbach und Leverkusen sowie einem Überraschungs-Erfolg in Leipzig immer wieder Hoffnung aufkeimte. Seit dem 3. Spieltag steht der FC durchgängig auf einem Abstiegsplatz.
Nur Arminia Bielefeld (7) und der 1. FC Nürnberg (8) sind öfter als sechsmal aus der 1. Liga abgestiegen. Die direkte Rückkehr des ersten Bundesliga-Meisters soll der gebürtige Kölner Markus Anfang als Trainer schaffen, der aktuell noch mit Holstein Kiel um den Aufstieg ins Oberhaus kämpft.
Vor dem Spiel hatte es ein kräftiges Gewitter rund um das Stadion gegeben. Nach Angaben des FC wurden im Umkreis von zwei Kilometern 40 Blitzeinschläge notiert, einer davon direkt auf den Vorwiesen der Kölner WM-Arena. Verletzt wurde offenbar niemand, die Partie vor 50.000 Zuschauern im ausverkauften Stadion begann pünktlich. Während des Spiels blitzte es nicht, regnete und hagelte aber immer wieder, der Platz war entsprechend schwer bespielbar.
Die auf fünf Positionen gegenüber dem Pokal-Aus veränderten Schalker begannen druckvoll und wurden früh belohnt: Embolo vollendete einen sehenswerten Konter nach Vorlage Konopljankas aus kurzer Distanz. Kölns Dominique Heintz prallte beim Rettungsversuch mit voller Wucht gegen den Pfosten, konnte aber weiterspielen.
Als der im Pokal nur eingewechselte Konopljanka beim 2:0 erneut die Schwäche der Kölner auf der rechten Abwehrseite ausnutzte, schien das Spiel entschieden. Doch die vor allem im defensiven Mittelfeld überforderten Kölner zeigten zumindest Moral: Nach Vorlage von Nationalspieler Jonas Hector, den Trainer Stefan Ruthenbeck zentral offensiv statt links defensiv aufgestellt hatte, traf Bittencourt.
Nach der Pause verflachte die Partie. Die Schalker konzentrierten sich auf ihre Kompaktheit, Köln fehlten über weite Strecken die Mittel. Der ansonsten fast nicht in Erscheinung getretene Simon Terodde scheiterte an Ralf Fährmann (55.). Kurz vor Schluss patzte Schalkes Schlussmann, doch der Ausgleichstreffer wird den Kölnern nichts mehr nützen.