Stuttgarts Torjäger a.D.: Ibisevic auf Formsuche

Stuttgart (dpa) - Ausgerechnet im Existenzkampf des VfB Stuttgart muss sich Vedad Ibisevic wie ein Torjäger a.D. vorkommen. Seit dem 29. Januar wartet der sonst so zuverlässige Angreifer schon auf einen Treffer in der Fußball-Bundesliga für seine Schwaben.

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Was den Nationalspieler aus Bosnien-Herzegowina darüber hinaus fast noch mehr geärgert haben dürfte: Erstmals nach 69 Partien in der deutschen Eliteklasse für den Traditionsclub vom Neckar stand der 29-Jährige am vergangenen Wochenende bei Borussia Mönchengladbach nicht in der Startelf. Am Sonntag gegen den FC Schalke 04 soll sich das für den Stürmer nicht wiederholen.

Richtig große Lust hat Ibisevic derzeit nicht, über seine Krise zu reden. Wenigstens beim Training und bei Übungsformen wie dem Spiel auf vier Tore hat er seine Schusspräzision nicht verloren.

Die Verantwortlichen rechnen mit einem baldigen Leistungsumschwung ihres Angreifers im Formtief. Ibisevic habe „immer gekämpft“, lobt Trainer Huub Stevens seine Nummer Neun, der er in Gladbach zwar einen Denkzettel verpasste, sie aber nach rund 70 Minuten doch noch brachte. „Wir werden ihn in den kommenden Spielen noch brauchen“, beteuert Kapitän Christian Gentner. „Vedad hat einen hohen Wert für die Mannschaft. Er haut sich für die Mannschaft voll rein, gibt immer alles für das Team“, betont Sportvorstand Fredi Bobic. Aber natürlich habe Ibisevic durch seine Sperre auch den Rhythmus verloren.

Das dürfte der Knackpunkt in der Formkurve des 53-maligen Nationalspielers sein. Der heißblütige Ibisevic hatte sich Anfang Februar beim 1:4 gegen den FC Augsburg zu einer Tätlichkeit hinreißen lassen. Die Strafe: fünf Pflichtspiele Sperre. Erst am 26. Spieltag gegen den HSV war Ibisevic wieder dabei. „Die Aktion war nicht clever von mir. Es tut mir leid für die Mannschaft“, leistete der stellvertretende Kapitän Abbitte, nicht ohne anzumerken, dass ihn Verteidiger Jan-Ingwer Callsen-Bracker provoziert habe.

Kein anderer VfB-Spieler besitzt solche eine Schlitzohrigkeit vor dem gegnerischen Tor wie Ibisevic; kaum ein anderer Stuttgarter Kicker läuft immer mal wieder Gefahr, sich zu einer Unbeherrschtheit hinreißen zu lassen. Rückschläge kann der frühere Hoffenheimer aufgrund seiner Vita aber besser relativieren als manch anderer.

1992 flüchtete Ibisevic mit seinen Eltern vor dem Bosnien-Krieg aus Vlasenica erstmal nach Tuzla. Dort musste der Junge nach eigenen Angaben schon mal Fußball spielen „mit kaputten Schuhen, und wenn es kalt war oder schneite, haben wir Plastiktüten darübergezogen.“ Als Ibisevic 16 ist, wandert er mit seiner Familie in die Schweiz aus. Über die USA landet der talentierte Stürmer schließlich in Frankreich, wo er 2004 bei Paris St. Germain seine erste Profistation antritt. „Todesangst relativiert alles im Leben“, erzählte Ibisevic einmal mit Blick auf seine bewegte Vergangenheit.

Seine Zukunft dreht sich erstmal um den Abstiegskampf mit dem VfB. Und da will Ibisevic, der in dieser Bundesligasaison bislang zehnmal traf, unbedingt auch wieder mit Toren helfen. Vielleicht schon gegen Champions-League-Kandidat Schalke.