Transparency International: Hoeneß-Votum „taktisch“
Berlin (dpa) - Nach ihrem klaren Bekenntnis zu Uli Hoeneß trotz dessen Steueraffäre müssen sich die Aufsichtsräte des FC Bayern München laut der Sportbeauftragten von Transparency International auf eine Glaubwürdigkeitsdebatte einstellen.
„Sie gehen das Risiko ein, dass die Glaubwürdigkeit in ihren eigenen Unternehmen und in der Außendarstellung erheblichen Schaden nimmt“, erklärte Sylvia Schenk der Nachrichtenagentur dpa. Im Kontrollgremium des deutschen Fußball-Rekordmeisters sitzen neben den Vorstandsbossen von Audi (Rupert Stadler) und Adidas (Herbert Hainer) auch VW-Chef Martin Winterkorn und Timotheus Höttges vom Hauptsponsor Telekom.
Schenk wertete das 8:0-Votum des Aufsichtsrates für dessen Vorsitzenden Hoeneß in „dieser sehr schwierigen Situation“ vor allem als taktisches Manöver. „Sie versuchen auf Zeit zu spielen und wollen das Champions-League-Finale nicht negativ beeinflussen“, sagte die Juristin, räumte aber auch ein, „das Gebilde FC Bayern ist allein schon wegen des medialen Drucks mit einem normalen Unternehmen nicht vergleichbar“. Dem Sieg im Finale am 25. Mai in London gegen Borussia Dortmund werde alles untergeordnet, auch die Frage, „stehen wir vor dem Hintergrund der Compliance-Debatte nach außen sauber da?“ Bei einer Entscheidung gegen Hoeneß wäre Unruhe im Verein aufgekommen.
Auchg der Münchner Unternehmensexperte Manuel René Theisen hält die Entscheidung des Aufsichtsrates für ein Festhalten an Uli Hoeneß für nicht nachvollziehbar. „Erklärbar wird sie nur, wenn man annimmt, dass sich die FC Bayern AG selbst einen Sonderstatus zubilligt: Dass sie eben nur ein Fußballclub im Kleid einer Aktiengesellschaft ist“, sagte Theisen Handelsblatt-Online.
„Keine 'richtige' AG könnte sich so verhalten. Wer zugibt, dass er Steuern hinterzogen hat, kann keinen Aufsichtsrat führen“, wird der derzeit beurlaubte Professor der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität weiter zitiert.