VfB Stuttgart reagiert auf Krise: Zorniger muss gehen

Stuttgart (dpa) - Der VfB Stuttgart hat auf seine tiefe sportliche Krise unter Trainer Alexander Zorniger reagiert. Drei Tage nach dem desaströsen 0:4 gegen das damalige Schlusslicht FC Augsburg trennte sich der Drittletzte der Fußball-Bundesliga von dem im Sommer als Hoffnungsträger geholten Coach.

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„Wir haben die Konsequenzen gezogen“, berichtete Sportvorstand Dutt nach einem emotionalen zweistündigen Gespräch mit dem von ihm menschlich und fachlich extrem geschätzten Zorniger. „Es war eine Mischung aus der sportlichen Situation und den Lösungen, die der Trainer angeboten hat.“

Zorniger bestätigte in einer auf der Vereinshomepage veröffentlichten Stellungnahme die Einmündigkeit der Entscheidung. „Wir haben uns heute Morgen zusammengesetzt und sind gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass es das beste für den VfB Stuttgart ist, seinen Weg mit einem neuen Trainer weiterzugehen“, sagte der 48-Jährige. „Als Trainer trage ich auf und neben dem Platz die volle Verantwortung für das Team. Ich stehe für eine bestimmte Spielweise und hätte teilweise gegen meine Überzeugung handeln müssen.“

Der bisherige U 23-Trainer Jürgen Kramny soll nun die Mannschaft übergangsweise betreuen. Der ehemalige VfB-Profi habe „nicht einmal eine Sekunde“ gebraucht, um das Angebot anzunehmen, berichtete Dutt. Kramny muss die völlig verunsicherten Stuttgarter als erstes für die extrem schwierige Partie beim Tabellenzweiten Borussia Dortmund an diesem Sonntag aufbauen.

„Es ist eine Interimslösung“, stellte Dutt klar, dass ihm mit Kramny kein Modell wie bei Borussia Mönchengladbach vorschwebt. Dort stieg André Schubert nach einer unglaublichen Erfolgsserie vom Interimscoach zum Cheftrainer auf. Lucien Favre hatte beim Champions-League-Teilnehmer nach fünf Punktspielpleiten hintereinander resigniert aufgegeben. Zu möglichen Trainerkandidaten beim VfB wollte Dutt nichts sagen.

Trotz der weitgehend enttäuschenden Leistungen unter dem mit vielen Vorschusslorbeeren verpflichteten Zorniger kam die Trennung zu diesem Zeitpunkt überraschend. Eigentlich stand am Dienstag nur die routinemäßige Medienrunde mit Dutt auf dem Programm. Aber gegen acht Uhr hatten sich der Sportvorstand und der Coach zu einem intensiven und leidenschaftlichen Meinungsaustausch getroffen. Am Ende des Gesprächs stand dann die Trennung. „Darüber bestand hundertprozentiger Einklang“, versicherte Dutt.

Dessen ungeachtet leitete Zorniger noch die Trainingseinheit am Vormittag. Erst danach gaben er und der Manager den Profis das Ende der Zusammenarbeit nach nur 146 Tagen bekannt. Die Co-Trainer André Trulsen und Armin Reutershahn sowie Torwartrainer Andreas Menger wurden ebenfalls mit sofortiger Wirkung freigestellt.

VfB-Präsident Bernd Wahler begründete in einer Presseerklärung die Trennung so: „Besonders die Art und Weise der Niederlage am vergangenen Samstag hat uns sehr beschäftigt. Dabei haben wir die Auswirkungen auf die Mannschaft sowie das Trainerteam analysiert und bewertet und sind heute Vormittag zu dieser Entscheidung gekommen.“

Der als dickköpfig bekannte Zorniger sollte den VfB nach zwei Jahren Abstiegskampf mit einer frischen, offensiv ausgerichteten Spielweise wieder nach oben führen. „Er war der Trainer, den wir im Sommer mit voller Überzeugung eingestellt haben“, betonte Dutt, dass es keinerlei Zweifel an Zornigers fachlichen Qualitäten gebe. „Alexander wird hundertprozentig wieder im Profibereich aufschlagen.“

Aber das Team war mit dem laufintensivem und viel Spielintelligenz erfordernden System offensichtlich überfordert. Mit nur zehn Punkten und bereits 31 Gegentoren steckt der VfB tief im Tabellenkeller. „Es gibt sportliche Kritikpunkte wie Tore und Punkte“, räumte auch der VfB-Manager ein, dass trotz aller Wertschätzung einiges nicht perfekt lief. „Es gibt Kritikpunkte, die berechtigt sind.“

Dutt ist trotz der prekären Situation davon überzeugt, dass die Mannschaft „absolut die Qualität hat, das gesicherte Mittelfeld zu erreichen“. Kramny und der künftige Coach sollen die Wende einleiten. Der Zorniger-Nachfolger muss die VfB-Philosophie fortsetzen. „Die rote Linie soll bleiben, auch wenn ein anderer Cheftrainer diese vielleicht anders interpretiert“, stellte der Sportvorstand klar, dass Stuttgart weiterhin offensiven Fußball bieten will. „Es gibt gewisse Leitplanken, die jeder Trainer unterschreiben muss. Aber jeder Trainer hat seine eigene Note.“