Viele Aufreger im Nord-Derby: HSV bezwingt Werder 3:2

Hamburg (dpa) - Weil der Hamburger SV nach drei Pleiten endlich wieder das prestigeträchtige Derby gegen Werder Bremen gewonnen hatte, konnte der ehrgeizige Nationaltorhüter René Adler seinen eklatanten Fehlgriff sogar mit Humor nehmen.

„Da merkt man, dass ich alt werde und nicht so schnell runterkomme“, flachste der Schlussmann. Sokratis hatte ihm in der 54. Minute den Ball aus 16 Metern gewissermaßen durch die Hosenträger in den Kasten geschossen. „Das Tor hat ja keinen Punkt gekostet. Wichtig ist der Sieg“, meinte der Sachse, gab dann aber auch zu: „Natürlich muss ich den halten.“

3:2 lautete das Endresultat einer letztlich rassigen Partie, die die knapp 55 000 frierenden Zuschauer nach fadem Spiel und 1:1 Toren - Assani Lukimya für Werder, Heung-Min Son für den HSV - in der ersten Halbzeit kaum mehr für möglich gehalten hatten.

Wie schon in Nürnberg kam der HSV mit Feuereifer aus der Kabine. Wenige Sekunden nach Wiederanpfiff hieß es durch Dennis Aogo 2:1, weitere sechs Minuten später zappelte der Ball nach dem Treffer von Artjoms Rudnevs zum 3:1 im Netz. „Die zweite Halbzeit haben wir überragend gespielt. Warum das immer so ist - keine Ahnung“, meinte HSV-Spiellenker Rafael van der Vaart. Da konnte auch der Gegentreffer von Sokratis nichts mehr ändern.

Die HSV-Tore sorgten für jede Menge Unmut bei den Bremern. Aogo nahm den Ball vorm Torschuss mit dem rechten Oberarm mit, und Rudnevs soll bei seinem Treffer im Abseits gestanden haben. „Das erste war Handspiel, das kann man sehen“, zürnte Werder-Trainer Thomas Schaaf. „Die zweite Aktion habe ich nicht erkannt.“ Sünder Aogo bedankte sich beim Unparteiischen und sprach beim Blick auf die TV-Bilder von „Glück, dass der Schiri das nicht gesehen hat“. Dem Nationalspieler gelang im 117. Spiel sein erstes Tor für den HSV.

Die nächsten Aufreger ließen nicht lange auf sich warten: Gelb-Rot für Bremens Clemens Fritz (80.), Gelb-Rot für Bremens Marko Arnautovic (90.). „Die erste Gelbe Karte war für mich ein Witz; auch Rafa van der Vaart sagt, ich spiele den Ball“, entschuldigte sich Fritz. „Bei der zweiten Gelben komme ich eine Hundertstelsekunde zu spät - bitter.“ Der 32 Jahre alte Kapitän kassierte den ersten Platzverweis in seiner Bundesliga-Karriere, und die umfasst immerhin schon 227 Spiele.

Eine weitere Gelb-Rote musste der eingewechselte Arnautovic hinnehmen, der andeutete, den Schiedsrichter mit dem Ball abschießen zu wollen, nachdem er wenige Sekunden zuvor bereits verwarnt worden war. „Die zweite Gelb-Rote war lächerlich“, ereiferte sich Teamkamerad Zlatko Junuzovic. „Der HSV hat ein Tor mehr geschossen, das war das Entscheidende“, analysierte Schaaf lapidar. „Wir waren kurz nach der Halbzeit nicht so präsent, wie wir das gebraucht hätten. Wir haben leider unsere Möglichkeiten nicht nutzen können.“

HSV-Trainer Thorsten Fink war erleichtert: „Wir sind eine Stufe weiter, weil unsere Mannschaft mit Rückschlägen umgehen kann. Das war wichtig, dass die Jungs ein 0:1 wegstecken können.“