Was wäre, wenn? De Bruyne und der mögliche VfL-Abschied
Wolfsburg (dpa) - Am Samstag spielt der VfL Wolfsburg noch mit Kevin De Bruyne beim 1. FC Köln, hinter den Kulissen aber läuft der Poker um den wahrscheinlichen Bundesliga-Rekordtransfer zu Manchester City.
Mindestens 70 Millionen Euro soll der Vizemeister und Pokalsieger erhalten, dafür aber seinen besten Mann verlieren. Seit Donnerstag scheint die Zuversicht beim VfL weg zu sein, Deutschlands Fußballer des Jahres in Wolfsburg halten zu können.
Warum willDeBruyneeigentlich nach Manchester?
15 Millionen Euro pro Jahr soll ManCity laut „Kicker“ an Gehalt bieten, die „Bild“ berichtet gar von 20 Millionen. In Wolfsburg liegt das Salär derzeit bei geschätzten fünf Millionen, soll bei einem Verbleib aber auf gut elf Millionen aufgestockt werden. Geld alleine interessiere ihn nicht, betonte De Bruyne selbst immer wieder. Fast möchte man fragen: Was denn dann? Sportlich erscheint der Wechsel nicht zwingend nötig. City ist nicht Real oder Barça.
Die Citizens sind in England bereits in der nationalen Spitze etabliert, haben aber international noch keine Bäume ausgerissen. Schon einmal scheiterte De Bruyne zudem in England (Chelsea). Angeblich soll De Bruyne in Manchester größere Chancen sehen, nachhaltig auf höchstem Niveau zu spielen. „Kevin hat ein sportliches und finanzielles Angebot, das schwer abzulehnen ist“, bekannte De Bruynes Berater Patrick de Koster. Der würde übrigens im Falle eines Wechsels eine Provision im hohen Millionenbereich erhalten.
Kann Wolfsburg den Wechsel nicht einfach verweigern?
Der Vertrag des Belgiers läuft bis 2019. Theoretisch könnte Manager Klaus Allofs also auf einem Verbleib bestehen. Auch in einem Jahr dürfte noch eine Rekordablöse zu erzielen sein. Allerdings scheint es eine Absprache zu geben, dass De Bruyne bei einem entsprechenden Angebot auch früher gehen kann. Dass De Bruyne bis 2019 bleibe, sei zweifelhaft, hatte Allofs selbst immer wieder gesagt.
Ist ein Verbleib in Wolfsburg völlig ausgeschlossen?
„Alles ist noch möglich, auch ein Verbleib in Wolfsburg“, sagte selbst de Koster in der „Bild“ (Freitag). Aber der unbedingte Wille, De Bruyne in Wolfsburg halten zu wollen, scheint weg. Wohl auch angesichts der zu erzielenden Ablöse. „Spätestens am 31. August werden wir eine Entscheidung treffen, die für alle Beteiligten die beste sein wird“, sagte Allofs - klingt verdächtig nach Abschied.
Wie gehtDeBruynemit der Situation um?
„Das ist eine Situation, die ihn beschäftigt, das ist doch klar“, berichtete Trainer Dieter Hecking zuletzt. Gegen Frankfurt beim 2:1-Auftaktsieg spielte De Bruyne ungewohnt schlecht. Am Montag ließ es sich bei einer Preisverleihung in Hamburg zum Nachsprechen eines Satzes verleiten, der für Aufregung sorgte: „Ich, Kevin De Bruyne, werde auf jeden Fall diese Saison beim VfL Wolfsburg spielen“. Der Wahrheitsgehalt dieses Satzes wurde prompt dementiert, kurioserweise auch selbst vom VfL, der sich eigentlich hätte freuen können. Auch dies wurde dahingehend gedeutet, dass ein Wechsel bevorsteht.
Was würde der Wechsel für den VfL bedeuten?
Einerseits jede Menge Geld, andererseits eine enorme sportliche Schwächung. De Bruyne war maßgeblich an Vizemeisterschaft und Pokalsieg beteiligt, sammelte 31 Scorerpunkte. Die müsste erstmal jemand anderes erreichen. Beim Ziel, Bayern München dauerhaft Paroli bieten zu können, wäre De Bruyne wohl hilfreicher als das viele Geld.
Was würde der Wechsel für die Liga bedeuten?
Die Vormachtstellung des FC Bayern wäre wieder stärker zementiert. Zudem würde ein Prestigefußballer die Bundesliga verlassen. De Bruyne ist gerade Deutschlands Fußballer des Jahres geworden. Dass selbst der Volkswagen-Club Wolfsburg keine Chance hat, wenn die durch den milliardenschweren TV-Vertrag in England neureichen Premier-League-Clubs ernstmachen, sagt viel aus. Ohne nicht deutlich gesteigerte Fernsehgelder in Zukunft auch in Deutschland läuft die Bundesliga Gefahr, international ins Hintertreffen zu geraten.
Was würde Wolfsburg mit den zusätzlichen Millionen machen?
Offiziell gibt es keine Gedankenspiele. Einen Plan B dürfte Allofs aber haben, alles andere wäre fahrlässig. Derzeit wahrscheinlich ist, dass bis zum Ende der Transferfrist am 31. August nicht noch ein Offensiv-Hochkaräter kommt. De Bruyne ist nicht eins zu eins zu ersetzen. Zudem kam in Nationalspieler Max Kruse bereits ein Akteur, der auf De Bruynes Position spielen kann. Gerade im Hinblick auf die Champions League sehen Hecking und Allofs offensichtlich größeren Handlungsbedarf in der Innenverteidigung. „Durch die Vorgaben des Financial Fairplay haben wir keine großen Möglichkeiten, da aktiv zu werden“, hatte Allofs betont. Der VfL darf nicht einfach mit VW-Geldern Spieler kaufen. Das Geld dafür muss bis zu einem gewissen Teil selbst generiert werden. Nun könnte viel Geld da sein.