Werder Bremen ist plötzlich Europacup-Anwärter
Bremen (dpa) - Ungläubig schauten die Bremer auf die Tabelle. Nur drei Punkte fehlen nach dem fünften Sieg in Serie auf einen Europapokalplatz.
Und nicht nur Werder-Manager Thomas Eichin stellte nach dem rasanten 3:2 (3:1) gegen den FC Augsburg die rhetorische Frage: „Wer hätte das nach der Hinrunde gedacht?“ Wohl niemand, denn zu Beginn der sensationellen Serie waren die Bremer Letzter der Fußball-Bundesliga.
„Wunder von der Weser“ wurden in besseren Jahren die aufregenden Aufholjagden der Bremer in den europäischen Wettbewerben genannt. Aber die jüngste Aufholjagd in der Liga, der Wandel vom Abstiegskandidaten zum Europa-Anwärter, das ist auch eine Art Wunder.
Wundersam ist der Wandel, weil er kaum zu erklären ist und selbst Trainer Viktor Skripnik nach dem erneuten Sieg sagte: „Zeitweise muss ich mich schon kneifen.“ Und wundervoll ist er vor allem für die lange leidenden Fans, die schon in der ersten Halbzeit lautstark den „Europapokal“ besangen.
Skripnik ist für Diskussionen über dieses Thema nicht zu haben. Noch nicht. Zunächst gehe es allein um den Klassenerhalt, beteuerte der Trainer: „Danach können wir fantasieren.“ Der ukrainische Coach kam seinem Job als Mahner trotz der Maximal-Ausbeute aus den zurückliegenden fünf Spielen nach und sagte: „Es kann auch ganz schnell nach unten gehen.“
Es hätten gegen Augsburg aber auch noch mehr Tore sein können als jene Werder-Treffer durch Assani Lukimya (16.), Franco di Santo (23./Foulelfmeter) und Theo Gebre Selassie (45.). Das war fast das einzige Manko gegen ein Team, das immerhin zur Spitzengruppe zählt und bei wenig Chancen zu Toren durch Ragnar Klavan (21.) und Tobias Werner (79.) kam. Skripnik sagte dazu: „Klar müssen wir den Sack früher zu machen, aber wenn du solche Probleme hast, dann kannst du dir nur gratulieren.“
Skripnik wirkte weiterhin überrascht. „Die schreiben Bundesliga-Geschichte“, sagte er über seine „Jungs“: „Wir müssen Chapeau dazu sagen.“ Der Coach kann es offensichtlich selber kaum fassen, wie rasant sich die Werder-Welt verändert hat, und gab seinen Spielern spontan zwei frei Tage.
Voller Respekt sprach auch der Gast von Werder. „Bremen hat unheimlich wuchtig und aggressiv gespielt“, lobte Augsburgs Manager Stefan Reuter: „Das ist nicht leicht zu verteidigen.“ Schon ein Remis für den FCA „wäre unverdient gewesen“.
Für Werder war es ein perfektes Wochenende, auch weil einen Tag zuvor Zlatko Junuzovic seinen Vertrag verlängert hatte. „Diese Truppe macht mir richtig Spaß“, schwärmte der Österreicher, der zwei Tore vorbereitete. Mit nunmehr 13 Vorlagen und vier Toren ist der 27-Jährige der beste Scorer der Bremer.
Auch Junuzovic kann den Wandel nicht erklären: „Das ist ein Unterschied wie Tag und Nacht.“ Über neue Ziele wollte der Mittelfeldspieler dennoch nicht reden. „Jetzt müssen wir nicht die Klappe aufreißen“, sagte Junuzovic.