Werder im Abstiegskampf: „Kratzen, beißen, zwicken“

Bremen (dpa) - Der Hauch von Erleichterung ist schon wieder verflogen. Nach fünf Spielen ohne Niederlage wähnten sich viele Bremer schon in Sicherheit, doch vor dem Nord-Derby bei Hannover 96 steckt Werder wieder mitten im Abstiegskampf der Fußball-Bundesliga.

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Nicht nur der genervt wirkende Manager Thomas Eichin dachte vor dem 1:3 gegen Wolfsburg, „dass wir schon weiter wären“. Trainer Robin Dutt zog erste Konsequenzen. Statt nur auszulaufen, mussten die Stammspieler am Mittwoch ein Training inklusive Match absolvieren.

Durch zwei Niederlagen innerhalb von vier Tagen ist der Druck auf die Bremer vor dem Gastspiel beim niedersächsischen Nachbarn enorm gestiegen. Entsprechend war die Wortwahl nach dem erneuten Rückschlag. „Du musst reingehen, als gebe es kein Morgen“, forderte Eichin im Interview des Pay-TV-Senders Sky für das Sonntagsspiel in Hannover. Verteidiger Sebastian Prödl wurde noch deutlicher: „Jetzt heißt es noch einmal richtig reinbeißen. Jetzt heißt es kratzen, beißen, zwicken.“

Die sportlichen Krise wurde durch die Personalie Klaus-Dieter Fischer teilweise überschattet. Werders Führungs-Urgestein bekräftigte seinen seit langer Zeit geplanten Rückzug als Geschäftsführer und Präsident des Gesamtvereins zum Jahresende. Auch ein Posten im Aufsichtsrat kommt für ihn nicht infrage. „Ich möchte einen klaren Strich unter meine Karriere in den Führungsgremien der Grün-Weißen ziehen“, teilte der 73-Jährige mit. Als seinen Nachfolger empfahl er Hubertus Hess-Grunewald.

In Fischers 45-jähriger Amtszeit wurde Werder Bremen dreimal deutscher Meister und gewann 1992 den Europapokal der Pokalsieger. Von der damaligen spielerischen Klasse - das wurde gegen Wolfsburg wieder einmal deutlich - ist das aktuelle Werder-Team meilenweit entfernt. Der Mannschaft fehlen die Mittel und die Technik, um fußballerisch in der Bundesliga bestehen zu können.

Es ist eher die Schwäche der Konkurrenz, die den Bremern im Abstiegskampf ein wenig Hoffnung schenkt. „Wir sind uns unserer Position bewusst, befinden uns aber in guter Gesellschaft“, sagte Trainer Dutt: „Jede Woche hat eine andere Mannschaft den Kopf unten.“

Auch Dutt setzte darauf, dass Werder noch ein paar Zähler Vorsprung hat. „Wir greifen aus einer Position an, die mir lieber ist, als drei, vier Plätze weiter unten“, sagte der Coach: „Wir brauchen weniger Punkte, als Mannschaften, die hinter uns sind - und die müssen wir schnellstmöglich holen.“

Das Problem ist, dass die Bremer Mannschaft inzwischen reichlich verunsichert wirkt. Das machten auch die Aussagen von Aaron Hunt deutlich, der die Anfangsphase gegen Wolfsburg als „Vollkatastrophe“ bezeichnete und ein schwerwiegendes Problem benannte. „Ich habe manchmal das Gefühl, dass zu wenige den Ball haben wollen“, kritisierte der dienstälteste Profi, der schon zu besseren Zeiten bei Werder gespielt hat.

Hunt gehört zu den wenigen Bremer Profis, die gehobenen Ansprüchen genügen und denen nicht ständig der Ball verspringt. Der Mittelfeldregisseur alleine reicht aber nicht, damit das Offensivspiel der Bremer Bundesliga-Niveau erreicht. Vor allem die Angreifer Nils Petersen und Franco di Santo offenbarten gegen die gute Wolfsburger Defensive ihre Mängel. Petersen wurde von den Fans bei seiner Auswechslung sogar ausgepfiffen.

So klangen viele Kommentare der Werder-Verantwortlichen nach der Niederlage wie Durchhalteparolen. „Wir dürfen den Kopf jetzt nicht in den Sand stecken“, sagte Eichin: „Gegen Hannover kann es schon wieder ein ganz anderes Spiel sein.“