Werder kein Bayern-Jäger - trotz brutalem Pizarro

Bremen (dpa) - Werder mischt wieder vorn mit, vor allem dank der Klasse von Torjäger Claudio Pizarro. Nach einem Katastrophen-Jahr entwickeln sich die Bremer langsam zum Spitzenteam. Sie offenbaren jedoch auch noch einige Schwachstellen.

Bayern-Jäger - das hört sich prima an. Zumindest für das Bremer Schlitzohr Claudio Pizarro. Breit grinsend sagte der Werder-Stürmer über die Verfolgung des Bundesliga-Spitzenreiters: „Wir spielen gut, wir sind vorne und wir warten, ob der FC Bayern irgendwann fällt.“

Werder mischt nach einem Katastrophen-Jahr wieder oben mit, vor allem dank Pizarro. Aber eine ernsthafte Konkurrenz für die Bayern ist die derzeitige Nummer zwei der Fußball-Bundesliga deshalb noch lange nicht. Das weiß auch Pizarro, der beim 2:1-Sieg gegen Hertha BSC wieder seine Extraklasse mit zwei Treffern (23. Minute und 90.+3) bewies. „Brutale Qualität“ bescheinigte Herthas Trainer Markus Babbel dem Matchwinner: „Er ist einfach klasse und ganz schwer zu verteidigen.“

Pizarro blüht wieder auf, und mit ihm Werder. Der 32-jährige Peruaner ist der Garant dafür, dass der offensichtliche Aufschwung der Bremer auch zu Punkten führt. Der im Vorjahr häufig verletzte Angreifer reißt die Mitspieler mit und ist zur Stelle, wenn sonst keinem mehr etwas einfällt. „Er ist unsere Lebensversicherung“, umschrieb Kapitän Clemens Fritz die Ausnahmestellung des Angreifers nach dem Last-Minute-Sieg.

Pizarro feierte gegen Hertha bereits den 26. Doppelpack seiner Bundesliga-Karriere. Viel beeindruckender als die beiden Kopfball-Tore gegen Berlin waren allerdings die Spielfreude und die Leidenschaft des Peruaners. Es wirkt zuweilen so, als wolle der beste ausländische Stürmer, den es je in der Liga gab, alles noch intensiver genießen.

Seine Zeit neigt sich dem Ende entgegen, und er will offensichtlich noch möglichst viel mitnehmen. Deshalb reist Pizarro auch, wann immer es geht, zur peruanischen Nationalmannschaft, aus der er einige Jahre verbannt war. „Es wäre schlimmer für ihn, wenn wir ihm das verbieten würden“, sagte Clubchef Klaus Allofs zu den Reisestrapazen: „Dann wäre er vielleicht körperlich ein bisschen frischer, aber für den Kopf wäre das verheerend.“

Allofs, der ehemalige Stürmer, weiß genau, was für Pizarro gut ist. Und er weiß, was Werder an Pizarro hat. Schelmisch antwortete der Werder-Boss nach dem Hertha-Spiel auf Fragen nach der Bedeutung von Pizarro für die Bremer: „Ich verweise auf die Aussagen vom letzten Mal.“

Pizarro ist der Ausnahme-Könner in einer Mannschaft, die sich langsam wieder findet und die Zuschauer mit ihrem offensiven Potenzial an bessere Zeiten erinnert. Es ist indes auch eine Mannschaft, die in der Defensive weiterhin einige Problem hat. Die Innenverteidigung genügt derzeit ebenso wenig höchsten Ansprüchen wie Philipp Bargfrede im defensiven Mittelfeld. Die meisten Sechser der Liga sind schneller und passsicherer als der eifrige Renner.

Bayern-Jäger, das hört sich deshalb nur prima an - hat aber mit der Realität nicht viel zu tun, auch wenn Pizarros Sturmpartner Marko Arnautovic sagte: „Jetzt sind wir Zweiter, dann jagen wir eben die Bayern.“ Treffender beschreibt es wohl die Formulierung, die Allofs sich zurechtgelegt hat: „Wir sind Punkte-Jäger.“