Wie selbstkritisch sind Bundesliga-Trainer?

Frankfurt/Main (dpa) - „Das war mein Fehler.“ Ein seltener Satz aus dem Munde eines Bundesliga-Trainers. Die stehen ja ohnehin ständig in der Kritik. Aber Selbstkritik? Noch dazu in der Öffentlichkeit?

Thomas Tuchel hat's nach der 1:2-Niederlage des FSV Mainz 05 in Dortmund gewagt.

Marco Kurz, leidgeplagter Coach des Tabellenletzten 1. FC Kaiserslautern, auch. Felix Magath, der seit Monaten seine Transferpolitik beim VfL Wolfsburg schönredet, und Herthas „Heilsbringer“ Otto Rehhagel, der Zweifel an seiner Person als Majestätsbeleidigung empfindet, ist ein solches Verhalten eher fremd.

Wie selbstkritisch darf und muss ein Trainer sein? Auch das ist Teil der Ausbildung beim Fußball-Lehrer-Lehrgang in Köln. „Das hängt davon ab, wie seine Position im Verein ist“, sagt der dortige psychologische Ausbilder und Sportwissenschaftler Werner Mickler in einem dpa-Gespräch. „Einer wie Tuchel hat in Mainz einen starken Rückhalt und muss keine Angst haben, seinen Job zu verlieren.“

Grundvoraussetzung für Bekenntnisse zu eigenen Fehlern sei, dass der Coach stark genug sein müsse, mit Kritik umzugehen - zum Beispiel aus dem eigenen Trainerstab. „Die Taktik in der ersten Halbzeit war heute die falsche für dieses Spiel. Die Art und Weise, wie wir vor der Pause gespielt haben, geht heute auf mich“, räumte Tuchel in Dortmund ein. Sein Lauterer Kollege Kurz hatte zuvor die 0:4-Pleite im Derby in Mainz als den „Tiefpunkt“ seiner Amtszeit bezeichnet und gesagt: „Ich habe einen schlechten Job gemacht.“ Der 42-Jährige durfte sich da seines Jobs schon nicht mehr ganz sicher sein.

Wer nach außen hin offen kommuniziert, sagt Sportpsychologe Mickler, nimmt Druck von der Mannschaft und zeige den Spielern, dass sie nicht in die Pfanne gehauen werden. Auch Bayern-Trainer Jupp Heynckes hat sich kürzlich vor seine Profis gestellt und eingeräumt, dass man angesichts der blendenden Aussichten nach der Hinrunde womöglich im Winter „ein bisschen sorglos“ gewesen sei. Als „Verantwortlicher für das Ganze“ müsse auch er sich die Kritik angesichts der aktuellen Krise gefallen lassen.

„Fehler zuzugeben, ist eine Stärke und es macht die Person auch menschlich“, sagt Mickler. „Wenn es allerdings öfter passiert, dann kann es als Schwäche ausgelegt werden.“ So löste Holger Stanislawski mit seinen emotionalen Auftritten („Ich sage ganz ehrlich: Ich trage die Verantwortung, und wenn ich dazu nicht in der Lage bin, die Spieler dahin zu bringen, so zu aktivieren, dass die Mannschaft funktioniert, dann liegt das am Trainer“) bei 1899 Hoffenheim für Irritationen. Die Ergebnisse stimmten eh nicht mehr - und so musste der Trainer dann ganz schnell gehen.

Schönfärberei ist auch nicht die richtige Methode, um souverän zu erscheinen. „Wenn für jeden ersichtlich ist: Das stimmt so nicht, dann bringt das nichts“, erklärt Mickler. Zumal sich in der Bundesliga durch die enorme mediale Beobachtung jedes unbeholfene oder falsche Wort in Windeseile verbreitet. Im Fußball-Lehrer-Lehrgang werden die Trainer darauf vorbereitet - mit Rhetorik- und Kommunikationskursen, Rollenspielen, Strategien für Öffentlichkeitsarbeit. „Aber wenn sie in Echt-Situationen reinkommen, ist immer nochmal alles anders“, sagt Mickler.

„Ein Trainer macht nicht alles richtig, auch wenn ich versuche, ziemlich korrekt zu sein“, meint HSV-Coach Thorsten Fink. „Ich versuche, viel mit den Spielern zu reden, möglichst gerecht zu sein.“ Der langjährige Bundesliga-„Lautsprecher“ Christoph Daum, zuletzt bei Eintracht Frankfurt gescheitert, war und ist nie um eine Erklärung verlegen - und hat sogar eine zum Umgang mit sich selbst. „Meine selbstkritische Überprüfung muss so ausfallen, dass ich aus meiner Sicht alles in meiner Macht Stehende getan habe. Andernfalls würde es mir schwer fallen, mit Niederlagen zurechtzukommen“, sagte er in einem Interview des Magazins „Elf Freunde“.