Adler solidarisch „Willkommen in der Realität“: HSV-Krise weitet sich aus
Mainz (dpa) - Es war eine Frage des Anstands. Torwart René Adler kam der lautstarken Aufforderung der Mainzer Fans nicht nach, auf den Zaun zu klettern und nach dem 3:2 (1:1) gegen den Hamburger SV gehuldigt zu werden.
Vielmehr zeigte er Mitgefühl mit den früheren Kollegen aus der Hansestadt, die das sechste Bundesliga-Spiel ohne Sieg in Serie und lauter werdendes Krisengerede verkraften mussten.
„Zuallererst bin ich Fußballspieler und Angestellter von Mainz 05, aber natürlich fühle ich mit den Hamburger Jungs“, meinte der 32-jährige Torwart, der in fünf Jahren 117 Erstligapartien für den HSV bestritt und vier Abstiegskämpfe erlebte. „Ich weiß, was auf sie einprasselt und drücke ihnen die Daumen für die nächsten Spiele.“
Während sich die zuletzt in drei Partien ungeschlagenen Mainzer mit zehn Punkten ins Tabellen-Mittelfeld verabschiedeten, drohen die Hanseaten am nächsten Samstag noch stärker in die Bredouille zu geraten, wenn Bayern München zu Gast sein wird. „Das wird doch ein geiles Spiel“, meinte der frühere Nationalspieler André Hahn mit eher Mut machender Zuversicht. „Wir haben nichts zu verlieren, mit uns rechnet doch keiner.“
Für einen Erfolg müsste die Abwehr sattelfester und der Angriff treffsicherer werden. Das Torverhältnis von 6:14 dokumentiert es. Bei den Gegentreffern durch Alexandru Maxim (3. Minute) und Stefan Bell (52.) wirkten die Hanseaten zu Beginn des Spiels und kurz nach dem Wiederanpfiff überrumpelt. Beim dritten Mainzer Tor von Danny Latza (58.) patzte HSV-Torwart Christian Mathenia. Nach zuvor fünf Partien ohne Treffer beendeten Souza Silva Walace (9.) und Sejad Salihovic (90./+2) per Elfmeter zumindest die Torflaute. Weitere Chancen wurden vergeben. „Wir hätten Minimum drei Tore schießen müssen“, befand Aaron Hunt verärgert.
„Unter dem Strich ist vieles aufgegangen, aber wir haben keine Konsequenz in entscheidenden Spielsituationen“, kritisierte HSV-Coach Markus Gisdol. Trotz der Pleitenserie bewahrt er aber die Ruhe. „Für Panik bin ich der falsche Ansprechpartner. In der letzten Saison hatte ich genug Möglichkeiten, in Panik zu verfallen“, meinte er angesichts des damals mühevollen Klassenverbleibs. „Dass wir zwei, drei Punkte zu wenig haben, ist schade.“
Auch an Mathenia als Nummer eins im Tor will er festhalten: „Wir müssen ihm Vertrauen geben. Aber als Nummer eins des HSV muss er sich jetzt ein bisschen freischwimmen“, sagte Gisdol am Sonntag.
Das von Vorstandschef Heribert Bruchhagen ausgegebene Ziel von 18 Punkten in der Hinrunde stellt er nach bisher nur sieben Zählern nicht infrage. „Meistens sind wir einer Meinung“, sagte Gisdol und hofft auf die baldige Wende. „Wenn du gewinnst, dreht sich die Stimmungslage um drei Wolken nach oben, und wenn du verlierst, geht es drei Wolken nach unten.“ Für ihn sei die Niederlage „richtig schwer“ zu akzeptieren und richtig einzuordnen.
Mit der Einschätzung der Lage hat Mergim Mavraj kein Problem. „Wenn man in so einer Tabellensituation steckt wie wir, kann man von keiner Stärke sprechen, weder defensiv noch offensiv“, befand der HSV-Innenverteidiger. „Alle, die nach oben geschaut haben: „Willkommen in der Realität!“