And the winner is: Deutschland

London (dpa) - Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm und Co. zogen glückselig mit dem Champions-League-Pokal von dannen. Ein großer Sieger eines denkwürdigen Abends in Wembley war aber auch der deutsche Fußball.

Mit aufrichtiger Anerkennung, großer Bewunderung und auch einer kleinen Portion Neid huldigte die Welt den beiden Finalisten, den jubelnden Bayern wie den geschlagenen Dortmundern. Auch Bundestrainer Joachim Löw war im fernen Miami entzückt, obwohl die Demonstration modernen Fußballs den Druck für ihn bei der WM in einem Jahr in Brasilien enorm erhöht. Der Titelgewinn - so ist sich die Fachwelt einig - muss 2014 nun an Germany gehen.

„Bayern München und Borussia Dortmund errichten dem Fußball ein Monument. Es ist nicht wichtig, wer der Sieger war. Gewonnen hat der Fußball. Gewonnen hat Deutschland. Alle Spieler, alle, hätten auf Schultern vom Platz getragen werden müssen“, schrieb die spanische Zeitung „Sport“. Das schwedische „Aftonbladet“ konstatierte: „Für einen Abend hat der Fußball zu sich selbst zurückgefunden. Genauso sollen große Finalspiele sein.“

Kein langweiliges Ballgeschiebe, kein Taktieren, sondern 90 Minuten Power, Brisanz und Dramatik - unterstützt von tausenden leidenschaftlichen, friedlichen und sangesfreudigen Fans im Tempel Wembley und den Straßen der Stadt. Den Londoner Glücksmomenten konnte sich einfach keiner entziehen. „Was für ein Kampf, was für eine Klasse! Europa hat ein ganz großes Endspiel erlebt“, sagte DFB-Teammanager Oliver Bierhoff. Ganz Europa habe bei einer Sternstunde des deutschen Fußballs zugeguckt. Und bekam dabei auch zwölf deutsche Nationalspieler zu sehen.

„Die Qualität ist hoch“, erklärte DFB-Chefcoach Löw nach der Final-Show, die für ihn ein „Highlight des deutschen Fußballs“ war: „Diese Konstellation gibt unseren Spielern enormes Selbstbewusstsein bei den Aufgaben mit der Nationalmannschaft.“

Auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach freute sich. „Mein großes Kompliment geht an beide Vereine, weil sie in dieser Champions-League-Saison den deutschen Fußball sensationell vertreten und unglaublich viel für sein internationales Ansehen getan haben.“ Das von Franz Beckenbauer befürchtete Gezicke - wie noch beim Bundesliga-Duell Anfang Mai zwischen BVB-Coach Jürgen Klopp und Bayern-Sportdirektor Matthias Sammer - blieb aus.

Klopp belustigte mehr oder weniger freiwillig die internationalen Medien mit einem bizarren Kauderwelsch bei der Pressekonferenz nach dem Spiel - auch das ist das neue Deutschland aus Sicht der Briten. Befremdlich blieb nur die von der UEFA organisierte Eröffnungsshow, bei der Laiendarsteller in den Vereinsfarben beider Clubs mit Pfeil und Bogen schossen und mit Schwertern aufeinander losgingen. Nur stumpfsinnig kämpfende Germanen - dieses klischeehafte Deutschland-Bild wurde anschließend in 90 beeindruckenden Minuten und einer langen Partynacht endgültig ad acta gelegt. „Champions League: Die Bayern feiern, während die Fans London für einen Tag deutsch werden lassen“, schrieb der „Guardian“

Aus Spanien kam das Eingeständnis, dass der deutsche Club-Fußball vorbeigezogen ist. „Bayern München und Borussia Dortmund haben bewiesen, dass sie heute Lichtjahre von ihren europäischen Rivalen entfernt sind, Barça und Real Madrid eingeschlossen. Sie schalten immer einen Gang höher, sind nicht zu stoppen“, schrieb „La Vanguardia“.

Schon vor dem Finale hatte sich UEFA-Präsident Michel Platini als Fan geoutet. „Ich mag, was in Deutschland passiert. Man kann nicht mehr als 50 Prozent eines Clubs verkaufen“, sagte er der englischen Zeitung „The Guardian“. Die Bundesliga-Vereine hätten „das richtige System“, befand der Franzose. Eine dauerhafte deutsche Dominanz ist für Platini aber unwahrscheinlich. „Es ist zyklisch. In einem Jahr ist man stärker, abhängig vom Trainer, den Spielern, den Schiedsrichtern. Wer immer auch gewinnt, ist das beste Team des Jahres und ich gebe dem Sieger den Pokal.“