Arsenals Mertesacker: Führungsfigur trotz Fehlern
London (dpa) - Per Mertesacker ist beim FC Arsenal der Geldstrafen-Eintreiber von Fußballlehrer Arsène Wenger. Das kam jüngst heraus, als ein Besucher des Trainingsgeländes in London Colney den Strafen-Aushang 2012/13 abfotografierte - und twitterte.
„Telefonanrufe im Gebäude (SMS erlaubt) - 500 Pfund“, „Zeitungen in der Umkleide - 100 Pfund“, „Zu spät sein zu Spieltags-Meetings oder beim Essen - 250 Pfund“. Die Beträge seien binnen sieben Tagen in bar zu zahlen an: Per Mertesacker. Unterschrieben von Mr. A Wenger.
„Die Deutschen stehen wirtschaftlich gut da, und wir respektieren das. Sie sind die einzigen in Europa, die Geld machen“, witzelte Wenger. Er sprach über eine Vertrauensperson und Führungsfigur.
Vor dem Achtelfinal-Rückspiel beim FC Bayern München am Mittwoch unterstrich auch Gunners-Stürmer Olivier Giroud die Bedeutung Mertesackers für das Team: „Er hat sich zu einem Führungsspieler entwickelt, er spricht viel. Er ist wichtig für uns“, sagte der Franzose dem Fachmagazin „kicker“. Und wen schickte Arsenal als Club-Botschafter zur Vorlese-Aktion für Premier-League-Stars vorige Woche in die Central Library Islington in London? Mertesacker.
Daher verwundert es auch nicht, dass der 86-fache Nationalspieler in dieser Saison mal als Ersatzkapitän auflief - in Abwesenheit des verletzten Innenverteidiger-Kollegens Thomas Vermaelen. Allerdings steht Mertesacker mit seinen schwankenden Leistungen sinnbildlich für die Auf-und-Ab-Saison der kriselnden „Kanoniere“, die wie eh in der Abwehr anfällig sind. Der 1,98-Meter-Mann sei erschreckend langsam, befand der frühere Bayern-Profi Bixente Lizarazu als TV-Experte während des Länderspiels Frankreich gegen Deutschland. Er hatte dabei offensichtlich nicht bedacht, dass der Ex-Bremer der Schützling des Experten-Kollegen Wenger spielt. Der guckte pikiert.
Den Vorwurf der Langsamkeit und Behäbigkeit bekam Mertesacker jüngst nach der 1:2-Derby-Pleite gegen Tottenham Hotspur auch von Englands Presse zu hören. Da ließ sich die Gunners-Abwehr zweimal abenteuerlich düpieren. Und schon streute die „Daily Mail“ das Gerücht, Wengers Geduld mit seiner Innenverteidigung sei am Ende. Prompt musste Hannover-96-Boss Martin Kind eine mögliche Rückkehr „Mertes“ dementieren: „Er steht bei uns nicht auf der Liste.“
Aber soweit wird es wohl auch nicht kommen. Mertesacker lieferte in dieser Spielzeit auch schon starke Partien als kluger Abwehrchef mit Übersicht für den Premier-League-Fünften ab. Er ließ auch im Derby noch mit seinem Kopfball-Tor aufhorchen: Erst sein zweites Premier-League-Treffer, aber beide gegen den Feind Tottenham. Das merken sich die Fans. Während des Spurs-Spiels skandierten sie den „Per Song“.
Und was sagt der Niedersachse selbst? Wenig. Er genießt mit seiner Kleinfamilie das unaufgeregte Leben im grünen Nobel-Künstlerviertel Hampstead. Und er mag es, dass Arsenal-Profis auf freiwilliger Basis in der Mixed-Zone Interviews geben. In der Champions League nach dem Hinspiel gegen den FC Schalke 04 stellte er sich nur englischen Journalisten und ließ Lukas Podolski den Vortritt bei der deutschen Presse. Nach dem 1:3 gegen die Bayern ließ er sich wegen der Doping-Kontrolle entschuldigen. Auf Arsenals Homepage meinte er nüchtern: „Wir brauchten eine Verschnaufpause.“ Und: „Wir müssen nach München fahren und unsere Chance ergreifen.“