Bayer-Selbstkritik nach 2:4 im „Theater der Träume“
Manchester (dpa) - Es war keine gnadenlose Demütigung wie 559 Tage davor beim 1:7 von Barcelona. Das 2:4 (0:1) von Bayer Leverkusen bei Manchester United indes war ein Beweis: Die richtig Großen des europäischen Fußballs kann die Werkself nur phasenweise gefährden.
So kam Trainer Sami Hyypiäs Erkenntnis nach dem Champions-League-Auftakt 2013/2014 nicht überraschend: „Wir müssen hart arbeiten, um uns in dieser Hinsicht zu verbessern.“
Was der finnische Coach meinte, war allen klar: das Mentale. Stundenlang muss er den Seinen zugeredet haben, dass sie vor den
75 811 Zuschauern im „Theater der Träume“, wie das United-Stadion genannt wird, keine Angst zu haben brauchen vor den Wayne Rooneys und Robin van Persies dieser Fußball-Welt.
Aber dann passierte genau das, was nicht passieren sollte. Torjäger Stefan Kießling: „Wir haben uns einfach zu wenig zugetraut.“ Auch das Statement von Kapitän Simon Rolfes untermauerte die These, dass die aktuelle Bayer-Besetzung nicht unbedingt jene psychische Potenz mitbringt, mit der die Vorgängergeneration um Michael Ballack 2002 in Manchester das Fundament zum Königsklassen-Finaleinzug legte.
„Wir haben gesehen, dass wir selbstbewusster in solche Spiele gehen müssen“, hielt Rolfes fest. Und: „Zwei Tore hier zu erzielen ist gut, aber vier zu kassieren gar nicht.“ Es hätten auch gut und gern noch zwei Gegentreffer mehr sein können - aber auch einer weniger sein müssen: Rooneys 1:0 war regelwidrig, weil Antonio Valencia im Abseits stand und Bernd Leno von dem Ecuadorianer eindeutig behindert wurde.
„Der Schiedsrichter und seine Kollegen haben alles falsch gemacht, was man falsch machen kann. Und die Abseitsregel wurde da wohl kurz abgeschafft“, schimpfte Bayer-Keeper Leno über den Slowenen Damir Skomina und dessen Helfer. Rolfes meinte bei „Sky“: „Mit Sicherheit ist so was nie der einzige Grund, aber es hilft natürlich auch nicht, wenn die Schiedsrichter da so schlafen. Aber vor dem Spiel fotografieren sie sich gegenseitig auf dem Rasen. Da darf man auch mal fragen, ob das die Professionalität der Schiedsrichter ist.“
Diese umstrittene Szene war für Leno aber auch ein Indiz, woran es liegen könnte, dass Bayer trotz passabler Ansätze nichts Zählbares aus Old Trafford mitnehmen konnte: „Die waren einfach abgezockter“, urteilte er über den Champions-League-Gewinner von 1999 und 2008.
United-Trainer David Moyes stimmte zu: „Meine Spieler haben auf dem Platz ihre Erfahrung gezeigt“, kommentierte der Nachfolger von Tribünengast Sir Alex Ferguson die Treffer von Rooney (22./70. Minute), van Persie (59.) und Valencia (79.). Ömer Toprak traf zum 2:4 (88.) - aber da war es längst zu spät, um nach Rolfes' Ausgleich (54.) mehr mitnehmen zu können. Hyypiä: „Wir haben verdient verloren - aber gegen eine gute Mannschaft.“
Sportchef Rudi Völler versuchte schon Minuten nach der Niederlage, das Bayer-Team stark zu reden: „Wichtig ist, dass keiner richtig traurig sein muss. Denn wir haben uns gut verkauft“ - eine These, der nicht jedermann zustimmte. Nationalspieler Sidney Sam etwa konstatierte, „dass uns die individuellen Fehler das Genick gebrochen haben“. Oder Kießling, der festhielt, „dass wir wirklich viele Fehler gemacht haben“.
Nun gilt es, sich bereit zu machen für die nächsten Herausforderungen: Am Samstag muss Bayer in der Bundesliga nach Mainz, am Dienstag folgt der Pokalauftritt in Bielefeld, dem sich drei Heimspiele in sieben Tagen anschließen: am 28. September gegen Hannover (Bundesliga), am 2. Oktober in der Champions League gegen Real Sociedad San Sebastian und am 5. Oktober das Erstligaduell mit Triple-Gewinner Bayern.