Bayern mit historischem Vorhaben - Hoeneß rügt Sammer
München (dpa) - Matthias Sammer rügt das Team, Uli Hoeneß rüffelt den Sportvorstand - Pep Guardiola will sich beim Anpfiff zum nächsten historischen Vorhaben des FC Bayern davon nicht stören lassen.
115 Tage nach dem Champions-League-Triumph im Londoner Wembleystadion wollen die Münchner Stars unbelastet von der Reiberei in der Chefetage gegen ZSKA Moskau siegreich in den „schönsten Wettbewerb der Saison“ (Guardiola) starten. Nach dem grandiosen Triple strebt der deutsche Fußball-Rekordmeister den nächsten einzigartigen Coup an: Nie zuvor konnte eine Mannschaft den Titel in der Champions League im Jahr darauf wieder gewinnen.
„Wir starten nicht in einen Wettbewerb, um Teilnehmer zu sein. Wir wollen das Höchstmögliche erreichen, dementsprechend, wenn möglich, den Titel verteidigen“, erklärte der von Hoeneß kritisierte Sammer im „Kicker“. Einen „anderen“ Auftritt als beim 2:0 gegen Hannover wünscht sich Sammer allerdings gegen den russischen Meister. Er hatte zuletzt „Dienst nach Vorschrift“, „Fußball ohne Emotionen“ und ein Verstecken hinter dem Trainer angemahnt.
Prompt handelte sich der Sportvorstand dafür eine Rüge vom Vereinspatron ein. „Wir werden sicherlich darüber reden, weil ein Eindruck vom FC Bayern entsteht, der nicht gut ist. Man hat den Eindruck, als ob wir von fünf Spielen drei verloren und zwei unentschieden gespielt hätten, in Dortmund lachen sie sich doch tot“, monierte Hoeneß in der „Bild“ (Montag).
Und Guardiola? Der spanische Starcoach gab sich vor der Rückkehr des Trainers auf die große europäische Fußball-Bühne gelassen. „Das Wichtigste ist, dass die Spieler machen, was ich sage“, sagte der 42-Jährige. Er sei nicht überrascht gewesen, dass der Sportvorstand seine Meinung öffentlich geäußert habe. „Hier in Deutschland ist das normal“, erklärte der Spanier. „Ich muss mich in dieser Situation anpassen.“
Konkret bezog Guardiola keine Stellung zur Kritik Sammers, ebenso nicht wie Torhüter Manuel Neuer oder Mittelfeldmann Toni Kroos. „Matthias Sammer ist unser Sportdirektor, er verfolgt nahezu jedes Training und ist absolut in der Position, wenn ihm etwas auffällt, das anzusprechen“, sagte der Nationalspieler. „Ich glaube, dass es irgendwo eine Warnung ist.“
Umso klarer war da Hoeneß. „Ich verstehe, dass Matthias den Finger in die Wunde legen will. Allerdings finde ich nicht, dass wir eine Wunde haben“, befand der Vereinspatron. „Wir müssen alle aufpassen. Dieses immer weiter, immer höher wird irgendwann gefährlich, wenn wir da mitmachen. Der Druck von außen ist nach dem Triple-Gewinn schon enorm hoch, den müssen wir intern nicht noch verstärken“, warnte Hoeneß, wenngleich Sammer dem Team den Willen nicht abgesprochen und nur fehlende „zwei, drei Prozent“ ausgemacht hatte.
„Matthias muss aufpassen, dass er nicht über das Ziel hinausschießt. Wenn man so etwas jede Woche macht, verbrennt man sich irgendwann dabei. Der Feind sitzt draußen, nicht bei uns. Unsere Lage in der Bundesliga ist nicht dramatisch, dazu kommt das überragende Spiel im Supercup gegen Chelsea“, betonte Hoeneß.
Ungeachtet der personellen Ausfälle und Schwierigkeiten zum Saisonstart schmeckte dem so ehrgeizigen Sammer der Auftritt des Teams nicht. Wie vor knapp einem Jahr beim 2:0 in Bremen („Wir waren nicht richtig hellwach, wir waren nicht richtig gallig. Wir waren zu lätschern“) erhob der Sportvorstand mahnend die Stimme. Damals gab es eine Rüge von Trainer Jupp Heynckes („Populismus können wir nicht brauchen“); und in der ersten Königsklassen-Partie danach setzte es am zweiten Spieltag eine 1:3-Niederlage bei BATE Borissow in Weißrussland.
„Parallelen würde ich schon mal überhaupt keine sehen“, erklärte Kroos. Anders als im Vorjahr starten die Münchner als Titelverteidiger und nicht als Finalverlierer in die Königsklasse - und mit einer Motivation der anderen Art. „Wir wissen, wie schön es war, den Titel zu gewinnen und dieses Ziel haben wir wieder vor Augen“, bekannte Neuer. Man wolle den Schwung vom Supercup-Sieg gegen den FC Chelsea „einfach mitnehmen“.
Der AC Mailand war das letzte Team, das zweimal nacheinander die begehrteste Club-Trophäe Europas gewann: 1988/89 und 1989/90. Damals hieß der Wettbewerb aber noch Europapokal der Landesmeister. Es sei zu früh, sich schon mit Titeln zu beschäftigen, betonte Guardiola. „Das Wichtigste ist, dass man eine gute Gruppenphase spielt und sich für die nächste Runde qualifiziert.“ Zuversicht gibt die Statistik: Alle seine letzten neun Auftaktpartien in der Königsklasse konnte der deutsche Rekordmeister gewinnen, sieben dieser Spiele sogar ohne Gegentreffer.