Nach 0:6-Debakel BVB: Sammer und Kehl kommen, Stöger droht Abschied

München (dpa) - Bei Borussia Dortmund wird nun kräftig „durchgelüftet“ - und die „messerscharfen Analysen“ von Matthias Sammer sind auch bitter nötig: Einen besseren Beweis für die Not nach Veränderungen als die 0:6 (0:5)-Blamage beim FC Bayern München hätte es nicht geben können.

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Der Serienmeister ist dem einstigen Erzrivalen weit enteilt, am Samstag war der BVB nicht mal mehr ein würdiger Sparringspartner. „Das war wenig professionell. Die Grund-Tugenden des Fußballs sind uns komplett abhanden gekommen“, stellte Sportdirektor Michael Zorc ernüchtert fest. Und die höchste Dortmunder Bundesliga-Niederlage seit 27 Jahren mit der schlechtesten Halbzeit seit vier Jahrzehnten könnte auch das baldige Ende von Trainer Peter Stöger zur Folge haben. „Gestärkt haben wird das meine Position nicht“, sagte der Österreicher im ZDF: „Davon kann man ausgehen.“

Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke hatte schon vor dem Debakel in München eine strukturelle Neuausrichtung angekündigt. Diese wird wohl auch vor dem Trainer nicht halt machen, obwohl Watzke diesen als „ersten Ansprechpartner“ bezeichnete und die Niederlage in München Stögers erste im 13. Bundesliga-Spiel mit dem BVB war. Doch selbst Stöger, der mit Dortmund im DFB-Pokal und in der Europa League gescheitert war, musste eingestehen, dass das 0:6 noch schmeichelhaft war: „Wir sind mit eineinhalb blauen Augen davongekommen.“

Klar ist, dass der frühere Meisterkapitän und Meistertrainer Sammer nach 14 Jahren und einigen zwischenzeitlichen Fehden als externer Berater zurückkehren wird. Zudem wird der BVB einen Leiter Lizenzspielerabteilung installieren. Ausdrücklicher „Wunschkandidat“ dafür ist laut Zorc der ehemalige Meisterkapitän Sebastian Kehl.

Sammer sei „ein messerscharfer Analytiker“, sagte Zorc, der als dessen Mitspieler die Champions League gewann und als Manager mit dem Trainer Sammer 2002 noch einmal Meister wurde: „Seine ungeschminkte Analyse wird uns guttun.“ Watzke erklärte in der „WAZ“: „Die Diskussion mit Matthias Sammer macht uns besser. Er macht damit bei uns die Fenster auf — und jetzt wird durchgelüftet.“

Sammer wird seinen Wohnsitz in München behalten und weiter als Eurosport-Experte arbeiten. „Es wird eine größere Sitzung alle zwei Wochen geben, wo man sich austauschen kann“, sagte der frühere DFB-Sportdirektor: „Ich werde keine Entscheidungen treffen. Ich bin nicht operativ tätig, bin nicht der entscheidende Mann. Ich werde versuchen, das ein oder andere in die richtige Richtung zu bringen.“

Die fest vereinbarte, aber vertraglich noch nicht fixierte Verpflichtung Sammers nötigt auch der Konkurrenz Anerkennung ab. „Matthias Sammer ist ein großer Fußballkenner und hat große Fußballkompetenz“, sagte Bayern-Coach Jupp Heynckes, der mit dem damaligen Bayern-Sportvorstand Sammer 2013 das Triple gewann: „Ich denke, dass Borussia Dortmund das in der jetzigen Situation gut gebrauchen kann.“

Als möglicherweise hilfreich für den Neuaufbau erachtete Stöger sogar das Desaster von München. „Für die längerfristige Entwicklung ist es vielleicht gar nicht einmal so negativ, weil man nochmal ein bisschen genauer hinschaut, wo man ansetzen kann“, erklärte er. „Man muss schauen, welche Rädchen man drehen muss. Das sind meiner Meinung nach nicht nur Rädchen, sondern ein paar Räder.“

Ob Stöger diese Analyse zu einer Vertragsverlängerung verhilft, scheint fraglicher denn je. Klar ist aber: Sammer wird einiges zu analysieren haben. Über das Spiel am Samstag sagte er: „Das sollte nicht passieren, ist nicht gut und für die Moral nicht schön.“