Beifall in Madrid für Schalkes 4:3-Sieger
Madrid (dpa) - An Gate C32 brandete spontaner Beifall auf, mitgereiste Sponsoren und VIPs applaudierten den stolzen Schalker Siegern auf dem Madrider Flughafen.
Horst Heldt war nach einer unruhigen Nacht immer noch aufgewühlt, die Antwort des Managers auf die Frage nach seinem Befinden fiel kurz und deutlich aus: „Scheiße.“ Trotz des 4:3 im Bernabéu gegen Real Madrid war auch Heldt frustriert. „Am Ende hat ein Tor gefehlt. Deswegen herrscht eine Mischung aus Enttäuschung und Stolz“, befand er. „Wahnsinn! Viele Mannschaften haben im Bernabéu noch keine vier Tore geschossen.“
Die Schalker Spieler waren vor dem Rückflug locker und gelöst, und auch Heldt tendierte mit etwas Abstand dazu, dass der Stolz auf den tollen Fußballabend überwiegen sollte. „Das war ein Tag, wo man wirklich gar nichts zu mäkeln hatte“, meinte der Manager.
Grund zur Enttäuschung hatten trotz des Weiterkommens die Spanier: Mit eisiger Miene stand Weltfußballer Cristiano Ronaldo nach dem Spiel auf dem Rasen des Bernabéu-Stadions. Er war trotz des programmierten Einzugs ins Champions-League-Viertelfinale sauer und zutiefst frustriert. Von bärenstarken Schalkern düpiert, die Krise manifestiert, schrille Pfiffe der eigenen Fans, der Titelverteidiger mit einem königsblauen Auge fast k.o. - das tat weh, das machte den Europapokal-Rekordtorschützen trotz zweier Kopfballtreffer sprachlos.
„Die Wahrscheinlichkeit, dass Real Madrid gegen Schalke ausscheiden würde, war vor dem Spiel ungefähr so groß wie die Gefahr, von einem herabstürzenden Klavier erschlagen zu werden. Und doch wäre es beinahe passiert“, fasste die Sportzeitung „As“ zusammen.
Es war ein schmerzlicher Abend für beide Teams. Auch Schalke-Trainer Roberto Di Matteo konnte sich nicht so recht entscheiden: „Wir haben eine Leistung der Superlative gezeigt. Aber eigentlich ist es unfassbar, dass man in Madrid vier Tore schießt und trotzdem nicht weiterkommt.“
Die Schalker machten sich nach dem 0:2 im Hinspiel mit allen verfügbaren Mitteln auf eine fulminante Aufholjagd. „Unser Gegner hat ein tolles Spiel gezeigt“, lobte denn auch Real-Coach Carlo Ancelotti den Gelsenkirchener Powerfußball, der zu den im Real-Tempel nahezu unfassbaren vier Toren von Christian Fuchs (20. Minute), Klaas-Jan Huntelaar (40./84.) und Debütant Leroy Sané (57.) führte.
Weil aber Ronaldo (25./45.) vor 69 986 Zuschauern zweimal mit dem Kopf erfolgreich war und Karim Benzema (53.) mit dem Fuß traf, reichte es in der Addition nicht ganz für die Schalker, die endlich eine Art erfolgreiche Reifeprüfung auf Europas großer Fußballbühne ablegten. Di Matteo gab zu: „Wir sind glücklich, aber auch traurig.“
Eines durften er und Manager Heldt auf dem Charterflug DE 9185 mit in das Ruhrgebiet nehmen: die Gewissheit, dass Schalke die Chance hat, sich noch mehr Möglichkeiten für derartige Präsentationen auf höchstem fußballerischen Niveau erarbeiten zu können. Am Schluss standen vier 19-Jährige in Königsblau auf dem Feld.
Nie habe er nur defensiv spielen lassen wollen, widersprach er der landläufigen Meinung, er sei Anhänger einer Mauertaktik. „Es geht um die Umsetzung der Ideen“, sagte der frühere Chelsea-Coach zum möglicherweise erst jetzt endgültig greifenden Effekt des Lernprozesses. „Das von Roberto Di Matteo trainierte Schalke ist knapp an der Heldentat vorbeigeschrammt und fährt mit der großen Ehre und dem ehrlichen Applaus aus dem Bernabeu in den Ohren nach Hause“, kommentierte die „Gazzetta dello Sport“ am Mittwoch.
Toni Kroos war jedenfalls „nicht unglücklich, als das Spiel vorbei war“, wie der deutsche Weltmeister in Real-Diensten bekannte. Sami Khedira, der andere deutsche Weltmeister der Madridistas, könnte vielleicht bald ein neuer Leader für die aufstrebenden Schalke-Jungstars werden. S04-Sportvorstand Heldt machte im TV-Sender Sky das Interesse an dem einstigen Stuttgarter überdeutlich: „Natürlich würde Sami Khedira Schalke gut zu Gesicht stehen. Wenn er zu haben wäre, würden wir ihn natürlich nehmen.“