Chelseas „Mission Impossible“ gegen Barça

London (dpa) - Bayern gegen Chelsea - auf das Traumfinale seiner beiden Lieblingsclubs in der Champions League setzt wohl nur Boris Becker. Nach dem 2:1-Zittersieg gegen die zehn Mann von Benfica Lissabon wetten außer dem twitternden früheren Tennisstar nur wenige auf den Club aus London.

Zumal im Halbfinale das Superstar-Ensemble des FC Barcelona wartet. Das sei so undankbar wie einen „toten Goldfisch in einer Tombola zu ziehen. Oder in einer Lotterie einen Zwei-Wochen-Urlaub nach Tirana zu gewinnen“, schrieb der „Daily Mirror“. „Diese Blues bereiten Barça keine schlaflosen Nächte“, titelt der „Independent“.

Es ist eine „Mission Impossible“ - um Revanche. Denn 2009 in der Vorschlussrunde kamen die Katalanen an der Stamford Bridge erst durch das denkwürdige Andrés-Iniesta-Tor in der 93. Minute weiter (Hinspiel 0:0; Rückspiel: 1:1). Seit diesem traumatischen Erlebnis ging es mit dem Club von Roman Abramowitsch bergab - Barça startete seine Dominanz in Europa. „Dieses Tor gab uns Glauben an das, was wir tun. Es war die Basis dafür, Trophäen zu gewinnen“, sagt Dani Alves.

Barcelona gewann die Königsklasse 2009 und 2011. Chelsea steht überhaupt erstmals seit 2009 wieder im Halbfinale. „Ich glaube, jeder hat mit Barcelona eine Rechnung offen“, sagt Frank Lampard. „Das Spiel ist immer noch in unseren Köpfen.“ Der Chelsea-Routinier, mit seinem Elfmetertor (21. Minute) ebenso erfolgreich wie Raul Meireles (90.+2), räumt aber ein: „Sie sind das beste Team der Welt.“

Und auch Ex-Chelsea-Coach José Mourinho - den Blues noch immer eng verbunden und mit Real Madrid im anderen Halbfinale gegen den FC Bayern - setzt keinen Pfifferling auf ein Finale Real gegen Chelsea: „Barcelona ist nicht der Favorit - es ist der Super-Favorit.“

Allerdings ist der Halbfinaleinzug für das überalterte, kriselnde Chelsea dieser Saison schon ein Riesenerfolg. In der Liga drohen die Londoner als Fünfter erstmals in der Abramowitsch-Ära den Einzug in die Königsklasse zu verpassen - und nach dem Achtelfinal-Hinspiel der Champions League beim SSC Neapel (1:3) war man schon fast draußen.

Aber dann löste Interimscoach Roberto Di Matteo (genannt „RDM“) André Villas-Boas („AVB“) ab. Seither gab's sieben Siege in neun Spielen. Zwar war das 2:1 gegen Benfica nach dem 1:0 im Hinspiel das Gegenteil von ruhmreich und Di Matteo verkörpert eher nicht den erwünschten spielerischen Umbruch - aber man kommt nicht mehr um ihn herum als Langzeit-Kandidaten. Selbst stellt er keine Ansprüche.

Die Spieler nennen den früheren Chelsea-Profi nicht etwa „Boss“, sondern „Robbie“: Der 41-jährige Italo-Schweizer hat ein Händchen im Umgang mit der mächtigen alten Garde bei Chelsea und schafft es, unter Villas-Boas verloren gegangene Leidenschaft aus den Spielern herauszukitzeln. Sorgenkindern wie dem zwischenzeitlich fünf Monate torlosen Stürmer-Star Fernando Torres gibt er wieder Selbstvertrauen. Kapitän John Terry spielte gegen Benfica bis zur 60. Minute sogar mit zwei gebrochenen Rippen.

Und sollten die Blues, die zum sechsten Mal in neun Jahren im Halbfinale stehen, womöglich ausgerechnet in dieser Pleiten-Saison die Königsklasse gewinnen? Diese Trophäe ist der große unerfüllte Traum von Abramowitsch. Di Matteos Zukunft wäre wohl gesichert.