Edwin van der Sar: Abschied einer Legende
Manchester (dpa) - Der 40-Jährige Torhüter von Manchester United bestreitet gegen Barcelona am Samstag sein fünftes Champions-League-Finale und zugleich sein Abschiedsspiel: nach der Partie beendet Edwin van der Sar seine großartige Karriere.
Sein Gespür für das richtige Timing ist in all seinen 21 Profijahren immer makellos gewesen. Deswegen muss es nicht verwundern, dass der niederländische Weltklasse-Keeper nun auch die schwerste aller Übungen für einen Spitzensportler hinbekommt: der 40-Jährige hört exakt auf dem Höhepunkt auf und beendet seine außergewöhnliche Laufbahn nach dem Champions-League-Endspiel gegen den FC Barcelona. Es ist sein fünftes Finale in der Königsklasse. Zweimal konnte er den Landesmeister-Pokal gewinnen, als 24-Jähriger mit Ajax Amsterdam 1995 und 2008 mit Manchester United.
Von einer besonderen Anspannung will der stets leicht unterkühlte van der Sar aber nichts wissen. „Ob erstes oder letztes Spiel ist egal. Man will es nur gewinnen“, sagte er im Trainingszentrum des englischen Rekordmeisters achselzuckend. In seinen zehn Jahren auf der Insel haben die Reporter ihn als hochintelligenten, mitunter auch launischen Gesprächspartner kennengelernt. Vor seinem Abschied parierte er viele gewichtige Fragen fast schon aufreizend lässig, als handelte es sich um Kullerbälle aus 30 Metern. Natürlich müsse man gegen Barcelona „alles abrufen“, sagte er. Aber das sei ja auch „nicht anders als gegen Wigan Athletic in der Liga - da habe ich in dieser Saison mein bestes Spiel gemacht.“
In den vielen Lobeshymnen der Mitspieler und des Trainers Sir Alex Ferguson schwang in den vergangenen Wochen sehr viel Wehmut mit; in der United-Kabine hätte man es gerne gesehen, wenn van der Sar noch ein Jahr weiter gespielt hätte. „Vielleicht hätte ich weitermachen können, aber 'vielleicht' reicht mir nicht“, sagte er. „Es kommt der Zeitpunkt, wo man sich nicht mehr verbessern oder sogar nicht mehr das Niveau halten kann.“
Er wolle nun das Leben genießen, „alle Dinge, die man immer geplant hat“ und sich noch stärker um seine Frau Annemarie kümmern, die im Dezember 2009 einen Schlaganfall erlitten hatte. „Mit fast 41 Jahren auf diesem Level zu spielen, Meister zu werden und wieder das Champions-League-Finale zu erreichen ist etwas ganz Besonderes, Edwin ist ein besonderer Mann“, sagte United-Kapitän Nemanja Vidic. „Es ist ein Traum für jeden Spieler, ganz oben und mit dem Respekt von allen Fans und Spielern aufzuhören“. Van der Sars Nachfolger soll der Spanier David De Gea von Atletico Madrid werden; der 20-Jährige tritt ein schweres Erbe an.
Van der Sar selbst spricht vom Glück, dass im Sommer 2005 das Telefon klingelte. Alex Ferguson war am Apparat und wollte den damals beim FC Fulham tätigen Schlussmann verpflichten. Der Anruf markierte den Beginn von sechs äußerst erfolgreichen Jahren im „Old Trafford“ und van der Sars Rückkehr in die absolute Weltspitze; bei dem Mittelklasseverein aus London war sein Talent nach dem Wechsel von Juventus im Sommer 2001 nicht richtig zur Geltung gekommen.
Der 35-Jährige van der Sar, viele Jahre Idol vom deutschen Nationaltorhüter Manuel Neuer, kam zum Schnäppchenpreis: Ferguson zahlte nur drei Millionen Euro für den niederländischen Rekordnationalspieler. „Der Boss hat gesagt, dass er mich schon früher hätte holen sollen, das sehe ich auch so“, sagte van der Sar, der immerhin vier Meistertitel mit ManU gewann, „aber ich will mich nicht beschweren. Ich hatte eine wundervolle Zeit hier und konnte mein Torhüterleben verlängern. Ich hätte nie gedacht, dass ich so lange dabei sein würde. Alles was jetzt noch für den perfekten Abschied fehlt, ist ein Sieg“.