Endrunde im Klassiker-Marathon: Stark unter Druck
Madrid (dpa) - Im Marathon der „Fußball-Klassiker“ zwischen Real Madrid und dem FC Barcelona schlägt die Stunde der Wahrheit. Nachdem Barça sich die spanische Meisterschaft praktisch gesichert und Real den Pokal gewonnen hat, spielen die Erzrivalen nun um den Einzug ins Finale der Champions League.
Vor dem Halbfinalhinspiel am Mittwoch im Bernabéu-Stadion, dem dritten von vier „Clásicos“ innerhalb von zweieinhalb Wochen, herrscht in der spanischen Fußballwelt höchste nervliche Anspannung.
Dies wird auch Schiedsrichter Wolfgang Stark zu spüren bekommen, der um seine Aufgabe nicht zu beneiden ist. Die mit Real sympathisierende Madrider Sportpresse protestierte gegen die Ansetzung des Bundesliga-Referees. „Ein Fan von Barcelonas Star Lionel Messi pfeift Real-Barça“, empörten sich „Marca“ und „As“. Sie erinnerten daran, dass Stark sich einmal anerkennend über den Argentinier geäußert hatte („Es ist ein Vergnügen, ihn spielen zu sehen“) und erweckten damit den Anschein, als wäre der Unparteiische zugunsten der Katalanen voreingenommen.
Der Schiedsrichter aus Ergolding pfiff in der Champions League bisher fünf Barça-Spiele - davon gewannen die Blau-Roten nur eines. Laut „Marca“ will Real seinem deutschen Profi Mesut Özil den Auftrag erteilen, den Landsmann Stark in strittigen Situationen unter Druck zu setzen.
Der Ex-Bremer hofft auf seine Rückkehr in die Stammelf. Dazu müsste Real-Trainer José Mourinho allerdings - wie beim 1:0-Sieg im Pokalfinale gegen Barça - auf einen Mittelstürmer verzichten und Özil als „verkappte Sturmspitze“ einsetzen. Diese Entscheidung dürfte dem Coach jedoch schwerfallen nach dem Torfestival, das Gonzalo Higuaín, Kaká und Karim Benzema am Samstag beim 6:3-Sieg beim FC Valencia gefeiert hatten. Özils Landsmann Sami Khedira fällt wegen eines Muskelrisses mit Sicherheit aus.
Die Madrilenen waren eigentlich als Außenseiter in den „Klassiker-Marathon“ gegangen, denn die 0:5-Pleite gegen Barça im November 2010 war unvergessen. Der 1:0-Sieg der „Königlichen“ im Pokalfinale vor einer Woche hat jedoch das Blatt gewendet. Während bei Real Cristiano Ronaldo & Co. exakt in der entscheidenden Schlussphase der Saison zur Höchstform auflaufen, scheinen Barças Ballkünstlern wie Messi und Xavi die Kräfte auszugehen.
Das 6:3-Schützenfest in Valencia zeigte auch, dass die Ersatzbank der Madrilenen stärker besetzt ist. Bei den Katalanen muss Trainer Josep Guardiola improvisieren. In der Abwehr fallen in Eric Abidal, Adriano und Maxwell gleich drei Spieler aus, zudem fehlt Offensiv-Ass Andres Iniesta. Dagegen kurierten Carles Puyol und Gabriel Milito ihre Blessuren gerade rechtzeitig aus.
Die Erzrivalen treffen zum dritten Mal im Halbfinale des Europacups der Landesmeister bzw. der Champions League aufeinander. Bei den spanischen Duellen in den Jahren 1960 und 2002 zog beide Male Real ins Endspiel ein. Der FC Barcelona kann für sich in Anspruch nehmen, der erste Club in der Geschichte des Europapokals gewesen zu sein, der Real aus dem Rennen warf: In der Saison 1960/61 schaltete Barça im Achtelfinale die legendäre Elf um Alfredo di Stéfano und Ferenc Puskas aus, die die ersten fünf Europacups der Landesmeister nach der Schaffung des Wettbewerbs gewonnen hatte.