FC Bayern: Als Meister ins Champions-League-Halbfinale
Turin (dpa) - Mit meisterlichem Elan ins Halbfinale: Nach dem Rekord-Durchmarsch zum Liga-Titel nimmt ein gieriger FC Bayern München die Champions-League-Aufgabe bei Juventus Turin in Angriff.
„Wir werden selbstverständlich versuchen, auch hier in Turin zu gewinnen“, verkündete Trainer Jupp Heynckes selbstbewusst im Salone delle Feste, wo die Münchner am Mittwochabend bei einem festlichen Bankett auf den nächsten Erfolg ihrer Titel-Tour anstoßen möchten - nach einer voraussichtlich schwierigen Mission. „Für mich ist Juventus eine absolute Top-Mannschaft. Im Europapokal wird eine Mannschaft wie Juventus versuchen, das Unmögliche möglich zu machen“, warnte der weit gereiste Trainer-Senior Heynckes (67).
Topstar Franck Ribéry erwartet zwar, dass es am Mittwochabend schwerer für sein Team wird als beim 2:0 im Viertelfinal-Hinspiel in München. Trotzdem ist ein Scheitern für den Franzosen gegen Gianluigi Buffon, Andrea Pirlo & Co. nahezu unvorstellbar: „Wir sind Bayern! Wir haben vor Juventus keine Angst!“, tönte Ribéry und mahnte: „Wir müssen die Bundesliga vergessen. Wir haben noch zwei große Titelchancen.“ Dazu besteht die Gelegenheit, die Champions-League-Einnahmen durch ein Weiterkommen auf weit mehr als 50 Millionen Euro hochzuschrauben.
Alle 19 mitgereisten Akteure waren gut 24 Stunden vor dem Anpfiff beim Abschlusstraining dabei - Matthias Sammer ließ währenddessen am Rande des Rasens am Mikro des vereinseigenen Internetfernsehens seine Wünsche für das Match erkennen. „Mit heißem Herzen und kühlem Kopf“ müsse das Team auftreten, sagte der Sportvorstand. Er erinnerte an das Achtelfinale gegen den FC Arsenal, wo es nach einem 3:1 im Hinspiel in London zu Hause 0:2 noch mal mächtig eng wurde. „Es ist eine absolute Topleistung notwendig, sowohl körperlich als auch geistig.“ Die will auch Juve bieten und dabei „starken Willen“ zeigen, wie Trainer Antonio Conte am Dienstagabend betonte. „Ich bin ganz ruhig, weil ich weiß, meine Spieler wollen ihre Stärke zeigen.“
Im edlen Team-Hotel Principi di Piemonte blickte zuvor Manuel Neuer mit Respekt auf den nächsten großen Fußball-Abend voraus. „Wir wissen, dass wir uns auf dem guten Ergebnis aus dem Hinspiel nicht ausruhen dürfen. Wir müssen unsere Coolness und Cleverness ausspielen“, sagte Neuer. Er wünscht sich Schwung vom Liga-Titel: „Jetzt haben wir die Gewissheit, dass wir deutscher Meister sind. Das wird uns hoffentlich einen Push geben.“ Das könnte auch die Erinnerung an die magische Nacht vom 4:1 in Turin im Jahr 2009. Damals wurde die Partie als Grundstein für den späteren Erfolgszug bis ins Endspiel angesehen.
Der rund einstündige Flug mit Sicht auf ein beeindruckendes Alpenpanorama soll nicht die letzte Reise in dieser Saison in Europa mit dem Finale als Ziel am 25. Mai in London sein. „Jetzt müssen wir erstmal das Halbfinale sichern, das wird schwer genug“, warnte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge. Er hat aber jede Menge Vertrauen in die eigene Turbo-Titel-Truppe. „Ich finde unsere Mannschaft im Moment unglaublich im positiven Sinne. Weil eben genau das eingetreten ist, was wir uns ja immer gewünscht haben: Dass man die Konzentration hoch hält, den Willen hoch hält, auch diese Gier nach Titeln hoch hält.“
Rummenigge setzt darauf, dass dem FC Bayern wie bislang stets in dieser Saison im fremden Stadion ein Treffer glückt. „Das wäre der Schlüssel. Wenn uns das Tor gelingt, hätten wir damit eine sehr gute Basis gelegt.“ Mandzukic, Robben, Ribéry, Müller - einer der vielen Offensivstars soll möglichst die Weichen fürs Halbfinale stellen.
Nicht nur die Treffsicherheit in gegnerischen Stadien und der Vorsprung sprechen für die Bayern, auch die Italien-Bilanz gibt Hoffnung. Erst einmal verloren die Münchner in Italien so hoch, dass der aktuelle 2:0-Vorsprung nicht reichen würde. Und nur einmal schieden sie im Meistercup - in grauer Europapokalsteinzeit - nach einem 2:0 zu Hause noch aus. Trotzdem mahnte Bastian Schweinsteiger vor dem Auftritt in einem erwarteten Hexenkessel mit 41 000 Zuschauern: „Wir müssen im Vergleich zum Hinspiel noch eine Schippe drauflegen, um in Turin zu bestehen und weiterzukommen.“
Die martialischen Töne von Juve-Angreifer Mirko Vucinic, der einen „Krieg gegen die Deutschen“ angekündigt hatte, verurteilte Rummenigge. „Ich mag das Wort Krieg im Zusammenhang mit Fußball nicht“, erklärte der Bayern-Chef. Ähnlich äußerte sich der Coach. „Ich denke, dass die Vokabel Krieg im Fußball nichts zu suchen hat“, sagte Heynckes. Er nahm die Aussage aber gelassen. Angespannter dürfte er im Falle des Weiterkommens mit Blick auf die Auslosung am Freitag (12.00 Uhr) am UEFA-Sitz in Nyon in der Schweiz sein.
Halbfinal-Sperren drohen beim Duell in Turin gleich vier Bayern. Kapitän Philipp Lahm, Abwehrchef Dante, Mittelfeldspieler Luiz Gustavo und Angreifer Mario Mandzukic müssten bei einer weiteren Verwarnung im Hinspiel der Vorschlussrunde zuschauen. Bei den Turinern fehlen jetzt Stephan Lichtsteiner und ganz besonders Arturo Vidal. Der Spanier Javi Martínez ist nach seiner Gelb-Sperre im Hinspiel in Turin wieder mit dabei und will in das Halbfinale, wie alle der Münchner Rekordmeister-Reisetruppe.
Ein sympathischer Versprecher auf dem Hinflug unterstrich, wie sehr im Sonderflieger LH 2570 auf ein Weiterkommen gehofft wurde: „...möchten wir sie mit den Sicherheitsbestimmungen des FC Bayern vertraut machen“, sagte eine Flugbegleiterin.
Voraussichtliche Aufstellungen:
Juventus Turin: Buffon - Barzagli, Bonucci, Chiellini - Padoin, Pogba, Pirlo, Marchisio, Asamoah - Vucinic, Quagliarella
FC Bayern München: Neuer - Lahm, van Buyten, Dante, Alaba - Javi Martínez, Schweinsteiger - Robben, Müller, Ribéry - Mandzukic
Schiedsrichter: Carlos Velasco Carballo (Spanien)