Galatasaray-Nerven liegen blank - Özil posiert auf Balkon
Istanbul (dpa) - Mit schwarz-grau karierter Tasche über der Schulter betrat Mesut Özil am Sonntagabend türkischen Boden. Erwartungsfroh empfingen die türkischen Journalisten ihn am Istanbuler Flughafen.
Doch doch vor dem ersten Pflichtspielauftritt in der Heimat seiner Vorfahren heizte der deutsche Nationalspieler von Real Madrid die angespannte Atmosphäre nicht noch weiter an. Nach dem 0:3-Debakel im Hinspiel bei den Königlichen liegen die Nerven bei Galatasaray Istanbul ohnehin blank. „In der Galatasaray-Arena wird auf ein Wunder gewartet“, schrieb die Sportzeitung „Fanatik“ vor der Partie am Dienstag.
Schon beim 3:1-Sieg gegen Mersin Idman Yurdu in der türkischen Süper Lig hatte Trainer Fatih Terim am Samstag die Fassung verloren. Nach einem wütenden Protest zum Ende der ersten Halbzeit schickte Schiedsrichter Süleyman Abay den streitbaren Coach vom Platz. Türkische Medien erwarten, dass Terim eine Zwangspause von mehreren Spielen verordnet wird. „Wir werden (türkischer) Meister, auch wenn ich die Mannschaft vom Mond anleiten muss“, sagte Terim gewohnt selbstbewusst.
Gespannt verfolgt die türkische Fußballwelt, ob Madrid mit Mesut Özil in der Höhle der Löwen - wie die Gala-Spieler genannt werden - antritt. Ihm droht in dem Stadion im Ali-Sami-Yen-Sportkomplex, in dem Galatasaray-Fans vor gut zwei Jahren mit mehr als 131 Dezibel einen Lautstärke-Weltrekord aufgestellt hatten, ein heißer Empfang.
Im Oktober 2011 hatte Özil das brisante Duell der deutschen Nationalmannschaft nur auf der Tribüne der Türk-Telekom-Arena verfolgt. Schmerzen an der Achillessehne waren als Grund genannt worden. Gerüchte, er habe in Istanbul gekniffen, wies Özil damals scharf zurück: „Da kann ich nur den Kopf schütteln.“
Nachdem Özil 23 Pflichtspiele ohne eigenen Torerfolg geblieben war, traf der Mittelfeldzauberer beim 5:1-Ligaerfolg über UD Levante am Samstag gleich doppelt. Zunächst hatte Trainer José Mourinho den 24-Jährigen noch geschont und erst in der zweiten Halbzeit eingewechselt.
Nicht nur dank des Doppelpacks reiste Özil blendender Laune nach Istanbul und posierte mit erhobenem Daumen auf einem Balkon vor dem Bosporus. Er glänzt bei Real vor allem in der Vorbereiterrolle: Kein anderer Spieler hat seit der Champions-League-Saison 2010/11 mehr Vorlagen verteilt als der frühere Schalker (13). Davon profitiert vor allem Superstar Cristiano Ronaldo. „CR7“ kommt - auch dank der Assists des Deutschen - auf die beachtliche Bilanz von einem Treffer pro Spiel: In der Champions League liegt er in dieser Saison mit neun Treffern an der Spitze der Torschützenliste; in allen Wettbewerben insgesamt erzielte er 46 Treffer in 46 Begegnungen. „Ich glaube, ich kann Real noch mehr geben“, meinte Ronaldo.
Bei den Spaniern herrscht die Überzeugung, dass Real nach dem 3:0-Sieg in Istanbul nicht mehr viel passieren kann. „Die Madrilenen trennt nur noch ein Ausflug an den Bosporus vom Einzug ins Halbfinale“, schrieb die Zeitung „El Mundo“.
Die Verantwortlichen bei Real warnten ihr Team, das Spiel bei Galatasaray auf die leichte Schulter zu nehmen. „Wir sind noch nicht durch“, betonte Mourinho. „Die Geschichte des Fußballs ist voll von Wundern.“ Ehrenpräsident Alfredo di Stéfano ergänzte: „Galatasaray wird es uns nicht leicht machen.“ Torwart Diego López, der den Weltmeister Iker Casillas auf die Ersatzbank verdrängt hatte, betonte: „Das Weiterkommen ist noch nicht entschieden. Galatasaray ist besser, als es sich im Hinspiel präsentiert hat. Wir müssen höllisch aufpassen.“