Gepriesenes Bayern - Von „Super“ zu „Super-Super-Team“
Manchester (dpa) - „Unglaublich“, „Augenweide“, „fast perfekt“. Karl-Heinz Rummenigge prostete Pep Guardiola nach der beeindruckenden Champions-League-Gala mit einem Glas Rotwein zu, der stolze Uli Hoeneß umarmte den Starcoach und flüsterte dem Spanier ein paar Worte ins Ohr.
Der dominante Auftritt des Titelverteidigers beim 3:1 (1:0) in Manchester gegen die Millionen-Truppe von City ließ selbst die seit Jahrzehnten im Europapokal erprobten Bayern-Bosse staunen.
„Ich denke, 80 Minuten haben wir heute einen Fußball gesehen, wie ich ihn fast noch nie im Leben gesehen habe“, schwärmte Hoeneß. Der Präsident sieht nach 100 Tagen Guardiola eine großartige Entwicklung. „Wir hatten vorher ein Super-Team und jetzt haben wir ein Super-Super-Team“, erklärte er in schönstem Guardiola-Duktus und verteilte die Bestnote. „Das war summa cum laude.“
Mehr und mehr wird der Pep'sche Fußball von Ballbesitz und ständiger Spielkontrolle sichtbar. Phasenweise erinnerte die beste Saison-Darbietung des Triplesiegers an Dominanz à la Barcelona. „Es ist noch nicht zu Ende. Es war nicht das Champions-League-Finale. Wir haben noch Zeit, uns weiter zu verbessern, verletzte Spieler werden zurückkommen“, betonte Guardiola. Für die europäische Konkurrenz dürfte das wie eine Drohung klingen. Für die Münchner waren indes die Schlussminuten ihrer Machtdemonstration eine Warnung. Statt 4:0 oder 5:0 zu führen, wurde es nach dem 1:3-Anschlusstreffer und der Roten Karte für Jérome Boateng noch einmal unnötig spannend.
„Natürlich ist dann immer was möglich. Aber es wäre ja geradezu schizophren gewesen, wenn wir das Spiel nicht gewonnen hätten“, konstatierte Hoeneß. So aber durfte man sich am Vorstandstisch beim nächtlichen Bankett Meeresfrüchteplatte, Kalbsschnitzel und Lachs schmecken lassen. „Das war wirklich ein großartiges Spiel, eine Augenweide. Wir sind ja alle ein bisschen verwöhnt durch die letzte Saison, als wir bis zum Ende durchmarschiert sind und sogar diesen Titel geholt haben“, sagte Rummenigge bei der Ansprache mit anerkennendem Kopfnicken und erinnerte an die Titel der historischen Vorsaison. „Macht weiter so! Ich glaube, dann werden wir wieder eine Saison haben, an der wir alle große Freude haben.“
Die hatte die Mannschaft im Etihad-Stadion. „Es war schön zuzuschauen, aber es hat auch Spaß gemacht auf dem Platz“, bekannte Arjen Robben, neben Franck Ribéry und Thomas Müller einer der drei Torschützen gegen den schwachen Manchester-Torhüter Joe Hart. „Was wir gezeigt haben, war große Klasse. Aber man muss auch ehrlich sein, ich hätte ein bisschen mehr erwartet von City“, gestand Robben. „Sie sind der Champions-League-Sieger. Das hat man gesehen“, erklärte der geschlagene Coach Manuel Pellegrini beeindruckt.
Pflichtbewusst verabschiedeten sich die Spieler mit Blick auf das nahende Liga-Topspiel am Samstagabend in Leverkusen rasch vom Bankett; als erster der vom Platz gestellte Boateng nach der getrübten Rückkehr an alte Wirkungsstätte. „Vollendung gibt es nicht bei uns. Erstens wollten wir gerne zu Null spielen, was uns nicht gelungen ist, und zweitens war es eine blöde Rote Karte“, erklärte der Nationalspieler.
Auch Philipp Lahm sah Luft nach oben. „Perfekt wird es nie geben im Fußball, aber es war ein sehr gutes Spiel von uns“, sagte der Kapitän. Der 29-Jährige wollte nach dem Schlusspfiff klarstellen, dass er vor dem Spiel keineswegs Matthias Sammer kritisiert, sondern sich vor zwei Wochen über seinen eigenen Führungsstil geäußert habe. Sammer selbst grinste beim Weg aus dem Stadion breit - und schwieg.
Nebengeräusche wie diese störten beim FCB nach der Königsklassen-Demonstration sowieso nicht. „Das war fast ein perfektes Spiel“, hob Manuel Neuer hervor. „Es ist wichtig, dass wir jetzt nicht glauben, es läuft von alleine, sondern dass wir jetzt so weitermachen. Samstag steht ein schweres Spiel in Leverkusen an.“ Dort wies Bayer-Torhüter Bernd Leno schon auf „ein hartes Stück Arbeit“ hin, „denn Bayern ist die beste Mannschaft der Welt“. Die Münchner reisten aus Manchester nicht zurück nach München, sondern nach dem Auslaufen am Donnerstag direkt weiter ins Rheinland.
„Wir wissen, dass wir eine super Mannschaft sind. Wir sind letztes Jahr Champions-League-Sieger geworden und haben unsere Mannschaft nicht unbedingt geschwächt mit den Transfers“, meinte Müller verschmitzt lächelnd. Bislang dürfen die Bayern festhalten: Abgesehen von der Niederlage im nationalen Supercup während der Vorbereitung gegen Borussia Dortmund waren sie in den großen Spielen dieser Saison stets da. Dazu ist der Erfolg auf der Insel ein gutes Omen: Immer wenn die Bayern im Europapokal in England siegten, gab es am Ende der Saison einen Europapokaltitel zu feiern: 1996, 2001, 2013...