Vor Duell gegen Paris Heynckes kein Träumer: „Gruppensieg vermessen“
München (dpa) - 4:0? 5:1? 6:2? Für den Fußball-Weisen Jupp Heynckes sind solche Schützenfeste gegen die Torrekordler aus Paris Träumerei.
Und darum wird der 72 Jahre alte Trainer die hochmotivierten Profis des FC Bayern am Dienstag (20.45 Uhr) im winterlichen München gegen die Multi-Millionen-Auswahl um Weltstar Neymar auch nicht mit der Vision Gruppensieg in die Allianz Arena schicken, sondern mit einer realistischen Marschroute. „Die Mannschaft und ich sind nicht so vermessen zu sagen, es geht um den Gruppensieg. Wir wollen das Hinspiel vergessen lassen und zeigen, dass wir nach wie vor zu den Topclubs in Europa zählen“, erklärte Heynckes.
Der Triple-Gewinner von 2013 erwartet „ein Kräftemessen auf ganz hohem Niveau“, das er entsprechend anheizte und titulierte: „Eine riesige Traditionsmannschaft im Europapokal, der FC Bayern, trifft auf einen Emporkömmling Paris St. Germain. Ich bin zuversichtlich, dass wir unserem Publikum einen angenehmen Abend bereiten werden, dass den Fans bei den eisigen Temperaturen warm wird.“
Die Altlast des 0:3 unter Heynckes-Vorgänger Carlo Ancelotti dürfte zu schwer wiegen, um doch noch als Erster der Gruppe B in das schon erreichte Achtelfinale zu stürmen. Ein Sieg mit mindestens vier Toren Differenz ist nötig. „Wir werden sicherlich nicht mit sechs Stürmern attackieren, weil wir ein 4:0 brauchen“, kündigte Thomas Müller an.
Das übergeordnete Ziel lautet, ein Zeichen der Stärke in die Fußballwelt zu senden. „Das Spiel ist wichtiger für uns als für Paris. Wir müssen Europa zeigen, dass wir immer noch zu den großen Teams in der Champions League gehören und ein Titelanwärter sind“, sagte der Franzose Kingsley Coman vor dem Duell mit der Nummer 1 seines Heimatlandes. Ähnlich beschrieb es Teamkollege Mats Hummels: „Wir wollen einfach ein gutes Spiel hinlegen. Richtig relevant wird es in den K.o.-Spielen, wenn man rausfliegen kann.“
Platz zwei muss ja gar kein Nachteil für die K.o.-Phase sein. Es drohen dann zwar Hammerlose gegen den FC Barcelona oder Manchester City mit Ex-Coach Pep Guardiola. Es wären bei der Auslosung am 11. Dezember aber auch leichtere Gruppensieger wie Besiktas Istanbul aus der Leipzig-Staffel oder die Tottenham Hotspur aus der Dortmunder Vorrundengruppe möglich. „Mein Gott: Auch mit Platz zwei hat man im Achtelfinale eine Chance“, sagte Abwehrchef Hummels.
Trotzdem wird das Rückspiel gegen Paris zum großen Test. Ein Sieg - egal wie hoch - wäre ein Ausrufezeichen. Mit 24:1 Toren hat das PSG-Ensemble bei seinen bisherigen fünf Siegen den Torrekord für die Gruppenphase überboten. 15 Treffer erzielte der Traumsturm mit 222-Millionen-Mann Neymar (6 Tore), dem 180 Millionen Euro teuren Ausnahmetalent Kylian Mbappé (3) sowie Edinson Cavani (6). Zum Vergleich: Erfolgreichste Bayern-Schützen sind Robert Lewandowski und Außenverteidiger Joshua Kimmich mit jeweils zwei Treffern.
„Wenn ein Gegner so großartige Individualisten hat, musst du das im Kollektiv lösen“, sagte Heynckes. Abwehrspieler Jérôme Boateng ermahnte seine Kollegen: „Wenn wir gegen Paris so spielen wie in der ersten Halbzeit gegen Hannover, dann schießen sie uns ab.“
Hemmungslos angerannt werden soll nur, falls man tatsächlich 2:0 oder 3:0 führen sollte. „Sollte sich doch noch die Möglichkeit ergeben, auf Gruppensieg zu spielen, werden wir das machen“, sagte Hummels.
Heynckes hat wieder mehr personelle Optionen, um agieren zu können. Franck Ribéry steht als Offensiv-Joker bereit. Müller ist zurück. Dazu wird Youngster Coman immer stärker. Ebenso James Rodríguez, dem Heynckes eine Einsatzgarantie gab: „Er blüht auf. Man merkt, dass er sich wohlfühlt. Er spielt immer besser.“ Arjen Robben fehlt noch.
PSG musste beim 1:2 in Straßburg die erste Niederlage hinnehmen. Ein Ausrutscher? „Das macht mir keine Angst“, bemerkte Trainer Unai Emery. München bezeichnete er als „wichtigen Test“ für PSG. Übrigens: Vor 20 Jahren gelang dem FC Bayern schon einmal in der Gruppenphase ein 5:1 in München gegen Paris St. Germain.