Champions League Heynckes mit Triple-Appell - „Müssen uns für Titel steigern“

Sevilla (dpa) - Der erste Bayern-Sieg in Spanien seit dem historischen Triple löste bei weitem noch keine Euphorie aus.

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Die selbstkritischen Münchner Stars wurden von den Edelfans des Banketts mit Beifall im rötlich beleuchteten Saal bedacht, für den mahnenden Jupp Heynckes erklangen noch einige „Jupp, Jupp, Jupp“-Rufe. Nach dem 2:1 im Viertelfinal-Hinspiel der Champions League beim FC Sevilla kann sich der deutsche Fußball-Rekordmeister auf dem Weg in die Top 4 der Königsklasse im Rückspiel am Mittwoch in München nur noch selbst rauswerfen.

„Unser Ziel ist hier nach dem Sieg, dass wir ins Halbfinale kommen. Aber, wie man sieht auch bei dem anderen Spiel in Turin, die Gegner werden nicht einfacher. Dementsprechend sollten wir ganz seriös, step by step, die Dinge angehen“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge in seiner knappen nächtlichen Ansprache. Denn eines war den siegreichen Münchnern allesamt bewusst: Gegen Europas Elite wie Real Madrid, das beim 3:0 gegen Juventus Turin ein Ronaldo-Traumtor feierte, reicht eine Vorstellung wie die in Andalusien keineswegs.

Mit zufriedenen Mienen schlenderten Rummenigge und Präsident Uli Hoeneß aus dem altehrwürdigen Estadio Ramón Sánchez Pizjuán. Heynckes blickte leicht verstimmt drein, obwohl sein Starensemble einen wichtigen Schritt im Kampf gegen die Spanien-Phobie machte. „Wenn wir die Champions League gewinnen wollen, dann müssen wir uns noch steigern“, sagte Heynckes, der sich in der Halbzeitpause beim Stand von 1:1 zu einer Ruckrede veranlasst sah.

„Knapp und sehr laut“ sei Heynckes gewesen, verriet Weltmeister Mats Hummels, „die Tür wackelt noch nicht, aber er bringt klar zur Sprache, was er uns mitteilen möchte.“ Auf seiner Abschiedstournee will der Titeltrainer von 2013 unbedingt am 26. Mai in Kiew sein viertes Endspiel in der Champions League erleben.

Wie zuletzt unter Heynckes' Regie im Triplejahr 2013 und einem 3:0 in Barcelona jubelten die Münchner nach schmerzhaften Pleiten am Dienstagabend erstmals wieder über einen Sieg bei einem Club aus der Primera División. Vor allem in der ersten Hälfte fehlte es den Münchner Triplejägern gegen den mehrmaligen Europa-League-Sieger aber an Zielstrebigkeit. Heynckes beklagte Fehler im Aufbauspiel, Ballverluste und Mängel in der Organisation. Nach dem Seitenwechsel hingegen agierten seine Münchner abgeklärt und souverän.

„Es war okay, es war gut. Aber mit okay und gut gewinnt man die Champions League eben nicht“, sagte Hummels und stimmte der Forderung seines Trainers zu „100 Prozent“ zu. „Wir sind in der Lage, bis zum ganz großen Triumph mitzuspielen. Aber eben auch nur, wenn wir in den noch hoffentlich vier Spielen jeweils ans Leistungsmaximum kommen. Ansonsten werden wir es eben nicht gewinnen.“ Nur ein „Wunder“, so Sevilla-Trainer Vincenzo Montella, kann noch für ein Bayern-Aus sorgen.

In Sevilla profitierten die Münchner auch von der Unterstützung der Gastgeber. Jesús Navas (37. Minute) lenkte die Hereingabe von Ideengeber Franck Ribéry nach dem Führungstor durch Pablo Sarabia (32.) ins eigene Tor, bei Thiagos Siegtreffer war noch der Fuß von Sergio Escudero dran (68.). Heynckes' verletzungsbedingte Einwechslungen, James Rodríguez für Arturo Vidal (36.) und Rafinha (46.) für den schwachen Juan Bernat, gaben wichtige Impulse.

„Beide Einwechslungen haben unser Spiel belebt“, analysierte Heynckes. „Das ist ein großer Trumpf in den nächsten Wochen“, prognostizierte Kapitän Thomas Müller. In der Schlussphase (79.) kam auch noch Arjen Robben ins Spiel. „Es ist unser Vorteil, dass wir noch super Spieler draußen hatten“, erklärte Müller.

Vergleichen mag Heynckes, nach dessen Abgang die Bayern viermal gegen einen spanischen Club in der K.o.-Runde der Königsklasse ausschieden, seine aktuelle Meister-Formation mit der von vor fünf Jahren nicht. „Das Tripleteam war ein sehr geschlossenes Team mit großen Spielern und jetzt haben wir auch eine Reihe von sehr guten Spielern“, beschrieb es der 72-Jährige in Spanien. Man wolle wieder das „Gefühl“ von 2013 erleben, sinnierte der starke Javi Martínez.

Erst aber möchten die Bayern mit dem sechsten nationalen Championat nacheinander einen längst gewohnten Saisonausgang fortsetzen. In Augsburg soll am Samstag die insgesamt 28. deutsche Meisterschaft fix gemacht werden. „Wir wollen in unserem Rhythmus bleiben, wollen unsere Qualität auf den Platz bringen. Es macht auch viel mehr Spaß als schlecht zu spielen - und das logische Resultat wäre dann hoffentlich die Meisterschaft“, erklärte Hummels.