Champions-League Juve-Prüfung für Pep - „Daumen drücken“ für Zwergenabwehr
Turin (dpa) - Die Anspannung ist enorm, speziell bei Pep Guardiola. Allen beim FC Bayern ist bewusst, dass sich in der großen europäischen Titelprüfung gegen das abgezockte Fußball-Bollwerk von Juventus Turin auch der Arbeitseinsatz am oberen Limit bewegen muss.
„Wir brauchen die beste Leistung des Trainers, des Stabes, der Spieler“, sagte Guardiola. Der Katalane muss im Achtelfinale liefern, auch ohne kopfballstarke Innenverteidiger - sonst ist seine Münchner Champions-League-Mission viel zu früh endgültig gescheitert: Drei Jahre kein Finale, kein Titel? Den Bayern-Fans empfahl Guardiola wegen der Abwehrnöte: „Wir müssen die Daumen drücken.“
Lamentieren ist nicht Bayern-like - und darum machen sich Kapitän Philipp Lahm und Co. auch nicht kleiner, als sie am Dienstag (20.45 Uhr/Sky) in Turin aufgestellt sein werden. „Man kann alles verteidigen“, sagte der 32-jährige Lahm, der seinem 100. Königsklassenspiel entgegenfiebert, am Montag nach der Ankunft in Turin: „Uns geht es wie jedem Fan, die Vorfreude ist groß.“
„Jetzt geht es richtig los mit dem K.o.-System. Die letzten Jahre haben wir immer mindestens das Halbfinale erreicht, deshalb haben wir große Ziele“, erinnerte Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge.
Die Ankündigung von Turins Stürmer Alvaro Morata, die Bayern werde im ausverkauften Juventus Stadium die „Hölle“ erwarten, konterte Arjen Robben entspannt. „Ich glaube, das sind wir gewohnt.“ Zumal Turin kein Schreckensort für die Bayern ist, wie diese UEFA-Statistik belegt: Seit Sommer 2004 hat Juve nur zwei von 45 Europacup-Heimspielen verloren - beide gegen die Bayern.
Vor drei Jahren siegten die Bayern auf dem Weg zum historischen Titel-Triple im Viertelfinale mit 2:0 in Turin. Das Wiedersehen steht jedoch unter anderen Vorzeichen. Juve hat einen Lauf, auch wenn es nach 15 Ligasiegen in Serie bei der Generalprobe gegen Bologna nur zu einem torlosen Unentschieden gereicht hatte.
Guardiolas Respekt vor dem Vorjahresfinalisten könnte nicht größer sein. Ein kontrolliertes Agieren ist für ihn der Schlüssel zum Erfolg. „Wir müssen sehr intelligent angreifen und Konter verhindern.“ Der Taktik-Tüftler muss die Weichen richtig stellen. „Wir müssen Lösungen finden für unsere Abwehrprobleme.“
Zaubert er noch einen defensiven Überraschungsplan aus dem Hut? Oder vertraut er auch international der Zwergenreihe mit Kimmich und Alaba im Deckungszentrum, flankiert von Bernat und Lahm? „Wir haben Vertrauen zu den zwei“, sagte Rummenigge über Alaba und Kimmich. Keiner aus dem Quartett misst mehr als 1,80 Meter. Ein Manko gegen robuste Stürmer wie Mario Mandzukic (1,87 Meter), der sich pünktlich zum Rendezvous mit dem ungeliebten Ex-Coach Guardiola aus dem Verletztenstand zurückmeldete.
„Körpergröße können wir uns nicht schnitzen“, bemerkte Sportvorstand Matthias Sammer lapidar. Guardiola mahnte, wegen der Nachteile bei der Körpergröße Freistöße und Eckbälle zu vermeiden. „Die sind vielleicht die Stärksten bei Standards in Europa. Juve hat viele große Spieler. Unser Innenverteidiger heißt Kimmich“, erläuterte Guardiola. Immerhin: Zu den 21 Spielern, die Guardiola mit nach Turin nahm, zählte nach zwei Monaten Verletzungspause auch Medhi Benatia (1,90 Meter).
Wie mutig ist Guardiola? Massiert er das Mittelfeld um Xabi Alonso und Thiago zusätzlich mit Lahm oder dem Ex-Turiner Arturo Vidal? Oder lässt er seine Angriffsriesen geballt los: Robert Lewandowski, Thomas Müller, Douglas Costa und Robben stehen für die Startelf parat, dazu als Joker Franck Ribéry und Kingsley Coman. Robben lobte Guardiola am Montag in Turin auffällig als den wohl „stärksten Robben“, den er in München erlebt habe.
„Es wird ganz wichtig sein, ein Tor zu erzielen“, sagte Müller mit Blick auf das entscheidende Rückspiel am 16. März. Gerade das Toreschießen fällt schwer gegen Juve. Mit minimalen 6:3 Toren kam der Vorjahresfinalist mit dem im Turiner Trikot noch unbesiegten Weltmeister Sami Khedira (14 Siege, zwei Remis) in der Gladbach-Gruppe weiter. Juves Torhüterlegende Gianluigi Buffon (38) ist seit 836 Minuten oder neun Spielen ohne Gegentor. „Turin kann gut verteidigen und wartet auf eine Situation“, erinnerte Torjäger Lewandowski.