Champions League Kraftprobe für Ancelotti - Bayern vor Gastspiel bescheiden
Madrid (dpa) - Revanchegedanken oder gar Rachegelüste hegten die Bayern-Stars bei der schnellen Rückkehr ins Estadio Vicente Calderón keine.
Fünf Monate nach dem schmerzhaften K.o. im Halbfinale der Champions League wollen die Münchner aber gegen Atlético Madrid den ersten Härtetest unter Carlo Ancelotti meistern - und nach drei bitteren Jahren endlich auch ihre Spanien-Tristesse beenden. „Es ist der erste richtig harte, knackige Gegner und vor allem dann auch noch auswärts“, sagte Kapitän Philipp Lahm. „Wir treten überall an, um das Spiel zu gewinnen. Wir wollen gewinnen, aber selbst mit einem Punkt kann man sehr gut leben bei Atlético.“
Gut 24 Stunden vor der kniffligen Kraftprobe stimmte Carlo Ancelotti sein 21-Mann starkes Team um den genesenen Mats Hummels beim Abschlusstraining auf das rasche Wiedersehen ein. „Gegen Atlético ist es immer schwierig“, warnte der frühere Real-Coach bei seiner Rückkehr nach Spanien. „Es wird ein sehr intensives Spiel.
Nach dem 5:0 zum Auftakt in der Königsklasse gegen Rostow will der deutsche Fußball-Rekordmeister nun den Grundstein für den Gruppensieg legen. „Alles andere als eine Niederlage wäre ein positives Ergebnis“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge mit reichlich Respekt vor den daheim fast unschlagbaren Madrilenen. Bald-Wieder-Präsident Uli Hoeneß fehlte dagegen auf der Reise erkältet. „Unser Ziel ist, idealerweise als Gruppenerster weiterzukommen“, sagte Rummenigge vor dem Spiel am Mittwoch (20.45 Uhr) gegen „den schwersten Gegner unserer Gruppe“.
Rummenigge setzt beim Duell der Champions-League-Großmächte - nur eines der vergangenen fünf Endspiele fand ohne einen der beiden Clubs statt - auch auf die besondere Erfahrung des früheren Real-Trainers Ancelotti. Ancelottis Liga-Bilanz gegen den Real-Stadtrivalen ist negativ. Aber in fünf Champions-League-Duellen - inklusive zwei Spielen mit Ex-Club FC Chelsea - blieb er gegen Atlético ungeschlagen. Als Triumphator beendete er 2014 das Finale.
Damit die Ancelotti-Serie hält, müssen die Bayern den schon wieder trefffreudigen Deutschland-Schreck Antoine Griezmann in den Griff bekommen. Sein Tor im Halbfinale sorgte für das Aus in Europas Eliteliga. Im Sommer beendete der Franzose, ebenfalls im Halbfinale und wieder gegen Manuel Neuer, per Doppelpack die Titelträume der DFB-Elf. „Man hat bei der Europameisterschaft und bei unserem Rückspiel gesehen, dass das ein Weltklassespieler ist“, sagte Rummenigge.
Erstmals könnte Ancelotti in seiner Amtszeit die Weltmeister-Innenverteidigung aus Jérôme Boateng und dem rechtzeitig genesenen Hummels aufbieten. Vor fünf Monaten spielte Hummels beim Griezmann-Treffer noch für den BVB. Bei der EM fehlte er gegen den Turnierstar gesperrt. „Hummels ist bereit“, sagte Ancelotti. Einen Grund, den immens starken Javi Martínez aus der Abwehrzentrale zu beordern, gibt es allerdings eigentlich nicht.
Höchste Aufmerksamkeit ist in der Defensive gefragt, im Kampf der Systeme müssen sich die angriffsfreudigen Bayern um Hitzkopf Franck Ribéry offensiv gegen das Bollwerk von Trainer Diego Simeone mehr als zuletzt in der Liga einfallen lassen. In den letzten 23 Champions-League-Spielen musste Madrid nur zehn Gegentore hinnehmen, spielte 16-mal zu Null.
„Sie verteidigen besser als jeder andere Club auf der Welt“, erklärte Bayerns Spanier Thiago vor dem nächsten Duell mit einem Team aus seiner Heimat. „Rache spielt keine Rolle. Es ist ein anderes Spiel - mit weniger Emotionen als im Halbfinale.“ Dreimal scheiterte Bayern zuletzt kurz vor dem Endspiel: an Real, Barcelona und eben Atlético. „Rachegelüste ist aber das falsche Wort, denn man kann eine Halbfinal-Niederlage nicht mehr gutmachen“, betonte Lahm.
Die Bayern können mit Ausnahme von Holger Badstuber und Douglas Costa ihre Bestbesetzung aufbieten. Bei Atlético fehlen die Leistungsträger Augusto Fernández und José Maria Giménez. „Wir müssen jetzt nur einen guten Teller Nudeln und einen Pudding essen, gut schlafen, locker trainieren und am Mittwoch gut spielen“, sagte Simeone. „Egal, wie das Spiel ausgeht. Es gibt keine Ausreden.“ Atlético verlor zuletzt vor fast 20 Jahren ein Heimspiel gegen eine deutsche Mannschaft.