Müllers Husarenstück - „Geil auf die großen Spiele“
München (dpa) - Dieser Mann ist wie geschaffen für die ganz großen Auftritte. Im Duell mit Barcelonas Weltstars Messi, Xavi & Co. blühte Thomas Müller wieder so stark auf wie bei der WM 2010, als er die deutsche Elf mit formidablen Vorstellungen bis ins Halbfinale getrieben hatte.
„In vermeintlich kleineren Spielen tue ich mich schwer, aber die großen Spiele - da bin ich geil drauf“, schwärmte die Offensivkämpfernatur aus dem oberbayerischen Weilheim nach dem magischen 4:0 über die bis dahin beste Fußballmannschaft der Welt.
Wer Müller spielen sieht und reden hört, denkt an einen alten, ausgebufften Routinier. Dabei ist der Nationalstürmer erst 23 Jahre jung. Und trotzdem war es Müller, der mit riesigem Einsatz, Durchsetzungsfähigkeit und einer großen Portion Cleverness entscheidenden Anteil am Sieg gegen Barça hatte. Am Ende standen für ihn zwei Tore und eine Torvorlage im ersten Halbfinal-Duell mit den Spaniern in der Champions League. Müller war in Bayerns herausragendem Ensemble noch ein Stückchen besser als der Rest. „Es ist im Moment eine gute Phase, die ganze Mannschaft funktioniert von 1 bis 25“, analysierte er.
Das 4:0 - ein Traumergebnis? „Nein, ich bin kein Träumer, deshalb träume ich auch nicht“, meinte er schlagfertig, „4:0 ist sicherlich nicht zu erwarten gewesen - sagen wir mal so.“ Das Finale am 25. Mai in London aber sei noch lange nicht erreicht. „Hast du auch das Dortmund-Spiel (gegen Malaga) gesehen?“, fragte er einen Journalisten. „Die machen in der 90. Minute auch zwei Tore. Also kann man in 90 Minuten theoretisch 180 Tore machen, oder?“, scherzte er.
Müller hat die Fähigkeit, genau und schnell abzuwägen, was er sagen darf, und dabei noch witzig rüberzukommen. Er verirrt sich nicht wie so viele Fußballer im Floskel-Dschungel, er betritt trotz seiner teils flockigen Sprüche aber auch kein für ihn gefährliches Terrain. „Morgen fahr' ich zum Training, lasse mich ein bisschen feiern und dann geht es weiter Richtung Samstag“, meinte er.
Mitentscheidend für Müllers Konstanz ist vor allem, dass er Rückschläge sofort wegsteckt und sich nicht durch Selbstzweifel selber lahmlegt. „Man sagt mir nach, dass ich vom Kopf her locker bin“, gestand der WM-Torschützenkönig von 2010 beim TV-Sender Sky ein. Sein einfaches Erfolgsrezept gegen die großen Barça-Stars? „Ich wusste, dass ich meine Aufgabe nur erfüllen kann, wenn ich viel laufe. Für 13 Kilometer bin ich immer gut.“
Müller ist wie gemacht für große Auftritte. Bei der WM 2010 glänzte er im Achtelfinale gegen England (4:1, zwei Tore) und im Viertelfinale gegen Argentinien (4:0, ein Tor). Im Champions-League-Endspiel vor eigener Kulisse brachte er die Bayern vergangenes Jahr kurz vor Schluss in Führung, ehe ihn Trainer Jupp Heynckes auswechselte - und das Spiel noch eine ungeahnte Wende nahm. Von draußen musste Müller damals mitanschauen, wie seine Mitstreiter alles verspielten. 2010 hatte er im Endspiel gegen Inter Mailand noch eine große Chance zum Ausgleich vergeben.
Gegen Barcelona traf Müller dagegen doppelt. Dabei stand er kurz vor seinem zweiten Tor gar vor der Auswechslung. „Ich hatte einen Schlag bekommen und habe angezeigt, dass ich raus muss. Dann lief aber schon der Angriff.“ Also machte Müller weiter, stieß in die Spitze vor und wartete auf David Alabas Hereingabe. „Ich habe mich eingeordnet - und wer Stürmerblut hat, weiß, wo man hingehen muss.“