Schalker Europapokal-Frust nach Derby-Lust

Gelsenkirchen (dpa) - Frühere Fußball-Festtage verkommen auf Schalke zu trostlosen Alltagskicks. Wo einst Raúl zauberte oder Andreas Möller Glanzpunkte setzte, verrichten nun biedere Handwerker nicht einmal mehr solide Arbeit.

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Der Esprit und Siegeswille vom jüngsten Derbysieg gegen Borussia Dortmund war beim dürftigen 1:1 im ersten Champions-League-Heimspiel gegen NK Maribor aufgebraucht. Es kann gut sein, dass die Elf von Jens Keller diesen verlorenen Punkten am Ende der Gruppenphase nachtrauert. Auch wenn der Trainer das anders sieht. „Die Punkte holen wir uns woanders. Ich bin weiterhin fest davon überzeugt, dass wir noch das Achtelfinale erreichen“, sagte Keller.

Schalke hat es geschafft, die Euphorie vom 2:1-Sieg gegen den BVB nur drei Tage später wieder zu ersticken. Der Derby-Lust folgte der Europacup-Frust. Der uninspirierte Auftritt gegen den slowenischen Meister taugt nicht dazu, sich in die Gedächtnisse der Fans einzubrennen. Selbst der fleißige, im Abschluss aber unglücklich agierende Rückkehrer Julian Draxler räumte ein: „Ich glaube nicht, dass wir an unsere Leistungsgrenze gekommen sind.“

Ja wann denn dann, wenn nicht in der Champions League? Wenn es um Ruhm, Reputation und reichlich Geld geht, wenn die als „Highlights“ gepriesenen Partien in Europas Beletage anstehen! Bei allem Verständnis für die extremen Belastungen der vergangenen Wochen mit Spielen im Drei-Tages-Rhythmus bestätigten die Schalker gegen Maribor den Verdacht, dass es gegen vermeintlich schwächere Gegner auch an der Einstellung und am Willen hapert. Davon aber will der Trainer nichts wissen: „Diese Diskussion langweilt mich“, sagte Keller.

Doch wenn Tranquillo Barnetta, dessen Einsatzminuten zuletzt überschaubar waren, einen Wert von 17 Prozent gewonnener Zweikämpfe aufweist, ist etwas faul. Dann scheint die innere Bereitschaft, sich zu quälen und für den Erfolg das Letzte aus sich herauszuholen, nicht sehr ausgeprägt. Mit seinem Auftritt bestätigte der Schweizer, dem Keller sogar die begehrte Spielmacherrolle auf der Zehn anvertraut hatte, dass er zurzeit meilenweit von seiner Bestform entfernt ist.

Auch der gebetsmühlenartig vorgetragene Einwand, Maribor habe „tief und kompakt“ gestanden, dann sei es halt schwer, taugt bei einem so großen und teuren Kader nur bedingt als Entschuldigung. Klaas-Jan Hunterlaar (56.), der die slowenische Führung von Damjan Bohar (37.) nach dem Wechsel ausglich, stellte selbstkritisch fest: „Wenn wir cleverer agiert hätten, wären wir vermutlich als Sieger vom Platz gegangen. Wir haben zu wenig für das Spiel gemacht.“

Laut Keller spüre man die Auswirkungen der Verletzungsmisere immer deutlicher. „Die vergangenen Wochen waren unheimlich intensiv und haben viel Kraft gekostet“, so der Coach, der moderat, aber erfolglos rotieren ließ. „Wir haben ja schon vier frische Leute gebracht. Aber zum Schluss hat man gesehen, dass einige auf dem Zahnfleisch gehen.“

Den Vorsatz, nach den guten Spielen in Bremen und gegen Dortmund endlich Konstanz zu zeigen, konnten die Knappen nicht in die Tat umzusetzen. Wieder einmal. Fakt ist, dass die Mannschaft um den laufschwachen Kevin-Prince Boateng nicht in der Lage ist, Dominanz auszustrahlen und ein Spiel selbst zu gestalten. Die Statistik der bislang neun Saison-Pflichtspiele beweist: Immer wenn die Königsblauen mehr Ballbesitz als der Gegner hatten (61:39 gegen Maribor), war das Resultat negativ. So kommt dem Revierclub das Auswärtsspiel am Samstag bei 1899 Hoffenheim womöglich gerade recht. Es gilt, vor der Länderspielwoche die letzten Kräfte zu mobilisieren.