So wie einst bei Real Madrid
Dortmund spielt am Mittwoch wie schon 2013 bei den Königlichen. Doch seither hat sich viel verändert.
Düsseldorf. Zwei Spiele, eine Chance. Borussia Dortmund will am Mittwoch im Viertelfinale der Champions League in Madrid eine gute Ausgangsposition für das Rückspiel am 8. April herausholen. Leicht wird das nicht. Eine Analyse.
Pfiffe in Madrid für Ronaldo, Trainer Carlos Ancelotti, der das nicht verstehen mag und die eigenen Fans kritisiert. Das ist der ganz normale Wahnsinn, wenn man sich königlich und galaktisch nennt, dann aber doch mal irdisch daher kommt. Pleiten gegen Barcelona (3:4) und den FC Sevilla (1:2) in der Primera Division haben Real Madrid innerhalb von zwei Spieltagen von Rang eins auf drei stürzen lassen. Da geht Panik um, alles aus den Händen gleiten zu lassen. Auch bei den Fans, die am Dienstag einen offenen Brief an Ronaldo verfassten: „Wir werden immer bedingungslos an Deiner Seite stehen. Du repräsentierst die heiligen Werte von Real Madrid.“
Und der BVB? Holte aus den jüngsten drei Spielen gegen Hannover, Schalke und Stuttgart sieben Punkte und ist auf Kurs Vizetitel. Mit einem malträtierten Kader, mit zeitweise verprellten Fans, die nach dem Spiel gegen St. Petersburg von der Mannschaft als verwöhntes Publikum interpretiert wurden. Ob was hängen geblieben ist, wird man nach den Vergleichen mit Real sehen.
Ronaldo und Reus gehen in einer Sammlung von Zungenschnalzern als Höhepunkte durch. Ronaldo hat in 26 Liga-Spielen 27 Tore geschossen, dazu Schalke im Achtelfinale beim 6:1 und 3:1 mit Hochgeschwindigkeitsfußball und Über-Übersteigern zerlegt. Dem Portugiesen fehlt ein Treffer, um die Bestleistung von 14 Toren in einer Champions-League-Saison einzustellen. Bisher teilen sich Lionel Messi (Saison 2011/12), Ruud van Nistelrooy (2002/03) und José Altafini (1962/63) den Rekord.
Marco Reus’ Bilanz fällt bescheidener aus. Zwölf Tore und neun Assists bei 24 Liga-Einsätzen sind trotzdem stark. Seine drei Tore beim 3:2-Sieg in Stuttgart waren nichts weniger als ein Zeichen: Seht her, ich bin wieder da. Rechtzeitig.
„Ich sehe da keine Krise. Ich sehe da eine Anhäufung von verdammt vielen Weltklassespielern“, sagte Mats Hummels über Real Madrid. Bale, Benzema und Ronaldo sind offensiv wohl das Beste, was möglich ist. Aber: Linksverteidiger Marcelo fällt aus, für ihn spielt Fabio Coentrao. Sami Khedira, Alvaro Arbeloa und Jese fehlen längerfristig. Im Tor steht gegen den BVB Kapitän Iker Casillas. Der darf in Champions League und im Pokal ran, Konkurrent Diego Lopez hütet in der Primera División das Tor. Ein umstrittenes Wechselspiel.
Dortmunds Liste der Ausfälle ist lang: Ilkay Gündogan, Neven Subotic, Jakub Blaszczykowski, Sven Bender und Marcel Schmelzer fehlen verletzt, Robert Lewandowski Gelb gesperrt. Spieler wie Erik Durm oder Timo Hofmann würde man nicht zwingend im Viertelfinal-Duell vermuten. Spielen müssen sie trotzdem.
Markant an dieser schwarz-gelben Ausfallliste: All jene Spieler standen in der Saison 2012/13 im Duell mit Real noch in der ersten Elf der Dortmunder, die ein 4:1 mit vier Lewandowski-Toren im Rückspiel beim 0:2 in Madrid über die Zeit rettete — und ins Finale einzog. Es war die Zeit, als Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke die Einsamkeit einer Toilette im Bernabeu studierte, um seiner Nerven Herr zu werden. Real sinnt auf Revanche, Dortmund hofft auf eine neue Sternstunde. „Wir müssen nicht die beste Mannschaft der Welt sein, aber wir müssen in der Lage sein, die beste Mannschaft der Welt zu besiegen“, sagt Jürgen Klopp.
Wird sich vielleicht erst nach den 90 Minuten von Madrid ereignen. Im ZDF-Verschlag in den Katakomben des Stadions. Wenn BVB-Trainer Jürgen Klopp und ZDF-Experte Oliver Kahn aufeinander treffen, ist gepflegter Adrenalin-Ausstoß mit Augenrollen und Mundwinkel-Zucken garantiert. So sehr kann Ronaldo gar nicht provozieren, als dass er Kahn den Rang ablaufen könnte.
“ Real Madrid — Bor. Dortmund Mittwoch, 20.45 Uhr/ZDF