Stabile Bayern heiß auf „Underdog“ BVB

London (dpa) - Dortmund will, Bayern muss: Am Ende einer Saison der Superlative wird die Krönung zu Europas neuen Fußball-Giganten für die unvollendete Bayern-Generation um Bastian Schweinsteiger, Philipp Lahm oder Franck Ribéry geradezu zur Verpflichtung.

Ein Jahr nach dem Schockerlebnis im Münchner Elfmeterdrama gegen Chelsea wollen die Triple-Jäger des FC Bayern im deutschen Traumfinale gegen Borussia Dortmund ihre Champions-League-Sehnsüchte stillen.

Ein Kreis soll sich schließen, wie Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge am Freitag beim Aufbruch zur Titelmission beschwörend verkündete: „Letztes Jahr hat eine englische Mannschaft in München gewonnen, dieses Mal hoffe ich, dass eine Münchner Mannschaft in England gewinnt.“ Beim Anflug auf den Londoner City-Airport wurde der Bayern-Flieger etwas durchgeschüttelt, ehe er um 11.30 Uhr Ortszeit bei Schmuddelwetter aufsetzte. Zuvor hatte der frühere Bayern-Star Paul Breitner die forscheste Finalprognose formuliert: „Wenn unsere Mannschaft Normalform erreicht, hat Dortmund keine Chance.“

Der Rucksack zweier Final-Niederlagen soll nicht so schwer wiegen wie der unerschütterliche Glaube an die eigene Stärke nach einer bisherigen Fabelspielzeit. „Die Mannschaft ist in diesem Jahr sehr stabil, hat total fantastischen Fußball gespielt“, hob Rummenigge hervor. 7:0 im Halbfinale gegen den FC Barcelona, 25 Punkte vor Dortmund in der Liga - dazu ein 1:0-Sieg im Pokal-Viertelfinale gegen den BVB, nachdem Präsident Uli Hoeneß „die Machtverhältnisse im deutschen Fußball“ schon zurechtgerückt wähnte.

Vorm Finale schweigt der durch seine Steueraffäre ins Abseits gedrängte Hoeneß - die Abteilung Attacke überlässt er den Spielern auf dem Platz. „Ich weiß, welche Stärke wir haben“, tönte Schweinsteiger. Auch Jupp Heynckes glaubt an einen perfekten Tag: „Wir sind so gut drauf!“ Die Kultstätte Wembley soll den Triumph des 68 Jahre alten Trainers erleben. „Ich denke, es gibt keinen in Deutschland, der dem Trainer diesen Pokal nicht gönnen würde“, sagte Rummenigge. Im noch folgenden Pokalfinale gegen den VfB Stuttgart könnte sich Heynckes mit dem historischen Triple in den Ruhestand verabschieden.

„Pack ma's!“, lautet das Münchner Finalmotto. „Es ist jetzt das dritte Finale in vier Jahren - ich glaube, es reicht jetzt“, sagte Arjen Robben. „Ein internationaler Titel fehlt uns noch. Ich bin sehr, sehr zuversichtlich, dass wir den Pokal hochhalten können“, erklärte Kapitän Philipp Lahm, der den Henkelpott überreicht bekäme. „Wir gehen nach Wembley nicht arrogant, auch nicht hochmütig oder überheblich. Wir wissen, was in einem Finale möglich ist“, mahnte Rummenigge. Er erwartet „90 oder 120 schwere Minuten“, sogar auf ein Elfmeterschießen haben sich die Bayern diesmal vorbereitet.

Hauptsache, bei der anschließenden Champions-League-Party im noblen Londoner „Grosvenor House“ ist der Silberpokal dabei. Ein „sehr intensives“ Spiel sagte der finalerfahrene Schweinsteiger voraus: „Da wird bis zur letzten Minute gekämpft.“ Die Grenzen des Erlaubten sollen unter vielen Nationalmannschaftskollegen aber nicht überschritten werden. „Ich glaube nicht, dass beide Mannschaften extrem emotional spielen werden“, meinte Schweinsteiger.

Heynckes vertraut auf seinen Vizekapitän, der „das Hirn der Mannschaft“ sei. Der Champions-League-Siegertrainer von 1998 mit Real Madrid rechnet nicht sofort mit einem offenen Schlagabtausch. „Beide Mannschaften werden erstmal auf absolute Sicherheit spielen und versuchen, ihr eigenes Tor freizuhalten“, erklärte der Trainer.

„Angriffsschemen und Standardsituationen“ hat er noch einmal intensiv üben lassen. „Wir wissen, was wir machen müssen. Wenn wir es so machen wie gegen Barcelona, haben wir eine große Chance“, erklärte Franck Ribéry. Die Außenbahnen mit Ribéry und Robben gehören zu den Schlüsselzonen. Dortmund ist offensiv durch den Ausfall von Mario Götze geschwächt, hat aber Rakete Marco Reus und Torjäger Robert Lewandowski (schon 10 Treffer). „Dortmund mag gerne in der Underdog-Situation sein“, sagte Schweinsteiger zur Rollenverteilung. „Mag sein, dass wir Favorit sind, aber wir können mit dem Druck umgehen“, verkündete Rummenigge. „Unsere Mannschaft ist in dieser Saison sehr stabil. Wir müssen so spielen wie die letzten Monate.“