Hoeneß-Wunsch nach Wembley-Triumph

London/München (dpa) - Auch Uli Hoeneß lächelte. Der fein gekleidete Präsident nahm sich vor dem Abflug nach London Zeit für Erinnerungsfotos, begrüßte Mitglieder der Rekordmeister-Reisegruppe mit Handschlag.

Wie gewohnt begleitete der Vereinschef des FC Bayern München seine Fußballer auch zu dem bedeutenden Finale nach London. Eigentlich alles wie immer - wenn da nicht die Steuer-Affäre wäre. Öffentlich ist es ruhiger in dieser Causa geworden, seitdem der Aufsichtsrat Anfang Mai mit einem 8:0-Votum für seinen Vorsitzenden Hoeneß stimmte.

Im Amt darf der 61-Jährige also nun darauf hoffen, das erste Triple im deutschen Fußball zu feiern. Erst ein Triumph in Wembley, danach ein Sieg eine Woche später im DFB-Pokal-Finale in Berlin - es wäre die Krönung seines großartigen fußballerischen Lebenswerks. Und dann? Darüber wird munter spekuliert. Aufsichtsrat Edmund Stoiber mahnte an, erst einmal abzuwarten bis der Sachverhalt „vollständig rechtlich geklärt“ sei. Hoeneß' Anwälte stellten kürzlich Strafanzeige gegen Unbekannt wegen des Verdachts auf Verletzung des Steuergeheimnisses.

Enttäuscht hat Hoeneß mit seiner Steuersünde viele: Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel, mit der es Samstag beim Endspiel gegen Borussia Dortmund ein Wiedersehen auf der Ehrentribüne geben könnte. „Ich würde mir wünschen, dass ich irgendwann die Gelegenheit bekäme, der Bundeskanzlerin in einem persönlichen Gespräch zu erklären, wie es so weit kommen konnte, der ganze Mist“, hat Hoeneß unlängst gesagt. Aber ob dazu das Finale der richtige Zeitpunkt ist? Die Kameras werden Angela Merkel und den Mr. FC Bayern jedenfalls genauestens verfolgen.

Vermutlich wird man einen mitfiebernden Hoeneß auf der Ehrentribüne erleben. In turbulenten Tagen war das Bangen und Hoffen mit seinen Bayern eine Ablenkung für den Vereinspatron. Ob bei den berauschenden Vorstellungen der Fußballer gegen Barcelona oder in dieser Woche beim 98:85 der Basketballer auswärts gegen Bamberg im Playoff-Halbfinale - die Liebe zum Sport lässt den 61-Jährigen natürlich auch in seiner schwierigsten Lebensphase nicht los.

„Der Präsident ist einer von uns“, hatte Arjen Robben schon vor dem Halbfinal-Rückspiel gegen den FC Barcelona betont. Und daran hat sich in der Mannschaft auch vor dem Endspiel auf der Insel nichts geändert. Natürlich wollen Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger & Co. in erster Linie für sich selbst siegen, aber jeden im Verein würde der Gewinn des Henkelpotts auch für den Präsidenten freuen. Rückendeckung aus seinem Club gab es jede Menge wie etwa durch Karl-Heinz Rummenigge oder bei der internen Meisterfeier. Viel Kritik gab es dagegen aus der Politik oder von Aktionärsschützern am Umgang mit der brisanten Angelegenheit.

Tausende Fußballspiele hat Hoeneß miterlebt. Er hat gejubelt, gezürnt, gekämpft oder gelitten. Erst als rasend schneller Weltmeister auf dem Platz, dann 30 Jahre lang als erfolgreicher Manager - und jetzt als Präsident. Und als solcher will sich Hoeneß, der 1971 beim höchsten Bundesliga-Sieg der Bayern gegen Dortmund (11:1) zwei Tore erzielte, nicht zu früh gefreut haben.

„Mit diesem Spiel haben wir die Vormachtstellung im deutschen Fußball zurück, die Verhältnisse sind geklärt“, tönte der Präsident des FC Bayern Ende Februar nach dem 1:0-Sieg im DFB-Pokal-Viertelfinale gegen Borussia Dortmund. Die Meisterfrage war so gut wie geklärt, der Einzug ins Pokalendspiel gesichert - wer hätte damals schon an eine ultimative Kraftprobe zwischen FCB und BVB um Europas Fußball-Thron am Saisonende geglaubt? Sicher auch Hoeneß nicht.