Werders Europapokal-Abschied: Wut statt Wehmut
Bremen (dpa) - Der Abschied aus der Champions League war für Werder würdevoll und versöhnlich, aber es könnte einer für lange Zeit sein. Drei Tore gegen Inter Mailand können nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Bremer vor einem Umbruch stehen.
Die Fans feierten genüsslich den 3:0-Sieg gegen den Titelverteidiger und ließen zum Europapokal-Abschied La Ola durch das Weserstadion schwappen - doch der Trainer war wütend. Werder Bremens drei Tore gegen Triple-Gewinner Inter Mailand und der Sturmlauf mit zwei weiteren Aluminium-Treffern konnten Thomas Schaaf nicht milde stimmen. „Das Gefühl ist noch genauso wie vorher“, sagte er. „Nicht Wehmut, sondern Ärger“, kamen beim Coach angesichts des vorher feststehenden Ausscheidens auf: „Bei mir ist sogar Wut im Bauch.“
Die Wut werde im kommenden Jahr noch einmal hochkommen, wenn er all die anderen Teams im Fernsehen sehen werde, sagte Schaaf. Dieses Gefühl könnte sich beim Trainer allerdings häufiger einstellen. Die Rückkehr auf die große Fußball-Bühne könnte nach sechsmal Champions League in sieben Jahren lange dauern, denn Werder steht vor einem Umbruch mit ungewissem Ausgang.
Der Abschied gegen Inter ließ bei vielen Werder-Fans noch einmal Erinnerungen an rauschende Europokal-Abende aufkommen. Mit Gedanken an spannende Aufholjagden, an einige der berühmten „Wunder von der Weser“ und an Siege gegen die Millionen-Teams von Real Madrid und Chelsea. Der versöhnliche Sieg war allerdings auch ein Resultat des lustlosen Auftritts der Italiener.
„Wir wissen das einzuordnen“, sagte Marko Marin. Auch den Werder-Profis war nicht entgangen, dass sich Inters B-Elf für die Club-WM schonte und so engagiert agierte wie in einem Freundschaftsspiel. Deshalb war der bereits fürs Achtelfinale qualifizierte Titelverteidiger ein Aufbaugegner mit klangvollem Namen - mehr nicht.
Als die Bremer den Respekt abgelegt und die mangelnde Gegenwehr erkannt hatten, entdeckten sie ihre verloren geglaubte Spielfreude wieder. Marin, Aaron Hunt und der später eingewechselte Claudio Pizarro zeigten einige jener Kombinationen, mit denen Werder früher auch Fußballfans außerhalb Bremens begeisterte. Hätten die Norddeutschen noch mehr Tore als jene durch Sebastian Prödl (39.), Marko Arnautovic (49.) und Claudio Pizarro (88.) erzielt, wäre das nicht übertrieben gewesen.
Dennoch: Bremen steht vor einem Umbruch. Will der Club wieder auf die große Bühne zurück, muss er seinen Kader verändern. Einige Spieler genügen den höchsten Ansprüchen des europäischen Fußballs nicht, andere bald nicht mehr - langjährige Leistungsträger wie Claudio Pizarro (32) und Torsten Frings (34) näheren sich dem Ende ihrer Karrieren. Entscheidend wird jedoch sein, ob Werder wieder bessere Transfers gelingen als zuletzt und ob hoch veranlagte Spieler wie Arnautovic, Marin oder der derzeit verletzte Wesley ihr erkennbares Talent dauerhaft umsetzen.
Klaus Allofs, der bereits Neuverpflichtungen für die Winterpause angekündigt hat, und Thomas Schaaf haben viel zu tun. Am fehlenden Ehrgeiz der Werder-Verantwortlichen wird es jedenfalls nicht liegen. Die Wut über das Europapokal-Aus, so sagte Schaaf, „spornt mich an, es besser zu machen“.