Das Kraken-Orakel rührt wieder die Werbetrommel

Oberhausen (dpa) - Das Kraken-Orakel ist zurück. Zum Start der Fußball-WM der Frauen greift eine Aquariums-Kette zum Erfolgsrezept des Südafrika-Sommers und will mit den Spieltipps ihrer Oktopoden einen erneuten PR-Coup landen.

Die Vorhersagekünste von Krake Paul zur Fußball-WM 2010 bescherten dem Sealife-Aquarium in Oberhausen ein weltweites Medieninteresse und einen Besucheransturm. Diesmal setzt das Unternehmen sogar auf ein Massenorakel. Am Freitag tippten in allen acht deutschen Sealife-Standorten die Oktopoden um die Wette auf den Sieger der Partie Deutschland gegen Kanada.

Krake Paul II aus Oberhausen setzt nach einigem Zögern zum Auftakt auf einen Sieg der deutschen Mannschaft gegen Kanada am Sonntag. Genauso wie seine achtarmigen Kollegen in Berlin und Königswinter. Die Oktopoden in Konstanz und München sehen Kanada vorne, in Hannover, Speyer und am Timmendorfer Strand setzen die Kraken lieber auf ein Unentschieden. Sie wollten einfach keine Muschel fressen, weder die aus dem deutschen, noch die aus dem kanadischen Behälter.

Glückliche Gesichter gibt es für den Tipp auf Deutschland bei den Mitarbeitern des Oberhausener Aquariums. Aber vielmehr dürfte sie freuen, dass sich pünktlich zum ersten Orakel rund 20 Journalisten und Kameraleute vor Pauls Scheibe postierten. „Wir wollen den Besuchern etwas bieten und das Spielchen, eine Muschel aus einer Plexiglasröhre zu ziehen und damit den Sieger einer Partie zu orakeln, macht Paul Spaß“, sagt eine Mitarbeiterin im Sealife. Und weil Kraken das scheinbar soviel Freude bereitet, machen diesmal einfach alle Sealife-Aquarien in Deutschland beim Hype mit. Gleiches Recht für alle Kraken.

Der Medienexperte Professor Tobias Kollmann von der Universität Duisburg-Essen hat eine wissenschaftliche Erklärung dafür, warum die PR-Aktion um Orakelkrake Paul im vergangenen Jahr so gut geklappt hat: „Fußball ist ein Massensport. Der elektrisiert immer. Die Krake wurde zu einer Figur, die Sieg oder Niederlage symbolisiert hat. Da sie zufälligerweise immer richtig tippte, wurde die Vermarktung plötzlich glaubwürdig.“ Auch im 21. Jahrhundert sei der Mensch simpel gestrickt: Er hasse Ungewissheit, und eine Krake mit scheinbar übernatürlichen Fähigkeiten gebe ihm ein Gefühl von Sicherheit.

Dass sich der Medienrummel jetzt zur Frauen-WM wiederholen wird, glaubt Kollmann aber nicht: „Erstens ist Frauenfußball kein Massensport wie Herrenfußball, und zweitens kann sich schnell ein Abnutzungseffekt einstellen.“ Selbst die Mitarbeiter im Sealife haben Zweifel: „So toll wie im vergangenen Jahr wird es sicher nicht mehr“, gibt eine Mitarbeiterin zögernd zu. Und wenn es nach der Tierrechtsorganisation Peta Deutschland ginge, wäre ohnehin sofort Schluss mit den Kraken-Orakeln. Die Tierschützer forderten am Freitag vehement „die Freilassung aller Oktopusse“.