DFB: Auf Niersbach warten einige Großbaustellen
Frankfurt/Main (dpa) - Theo Zwanziger sieht das Feld beim DFB bestellt, wie es im Funktionärsjargon so schön heißt. Sein potenzieller Nachfolger Wolfgang Niersbach wird jedoch einige Probleme zu lösen haben.
Auf Zwanzigers designierten Nachfolger warten einige Großbaustellen. Die zunehmende Gewalt in den Stadien, die Ermittlungen gegen Schiedsrichter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung, der Dauerzwist mit Ex-Funktionär Manfred Amerell - der künftige Präsident des Deutschen Fußball-Bundes bekommt von seinem Vorgänger unangenehme Erbhöfe. Dabei hatte Zwanziger seinen überraschenden Rückzug auch mit den Worten begründet: „Ich sehe zumindest im nationalen Bereich für mich persönlich keine großen Herausforderungen mehr.“
Zwanziger hat den größten Sportfachverband der Welt (6,75 Millionen Mitglieder) in seiner siebeneinhalbjährigen Amtszeit geprägt. Als erfolgreicher Gastgeber der Weltmeisterschaft 2006 und der Frauenfußball-WM 2011 verschaffte er sich auch international Ansehen. Für seine bewegende Rede nach dem Suizid von Nationaltorwart Robert Enke erntete der 66-jährige Jurist aus Altendiez bundesweit Respekt und Anerkennung. Als Krisenmanager bewies er oft sein Geschick, populäre Themen zu besetzen. Nicht immer agierte er dabei aber glücklich.
Während Zwanziger im Manipulationsskandal um den Unparteiischen Robert Hoyzer noch umsichtig handelte, artete die Schiedsrichter- Affäre um Amerell und Michael Kempter zu seinem Dauerstreit aus, der den DFB immer wieder und noch belastet. Liga-Präsident Reinhard Rauball hofft nach dem geplatzten Mediationsverfahren nun, dass Zwanzigers Nachfolger das Thema vom Tisch bringt und mahnt an, die „persönlichen Befindlichkeiten auf allen Seiten zurückzustellen, um eine Lösung im Sinne des Fußball zu finden“.
Zumindest der monatelange Rechtsstreit zwischen dem früheren FIFA-Referee Kempter und seinem ehemaligen Förderer Amerell endete am Mittwoch. Beide Parteien akzeptierten den Einigungsvorschlag des Oberlandesgerichts Stuttgart.
Der angekündigte Präsidentenwechsel fällt auch mitten in Verhandlungen über den neuen Grundlagenvertrag zwischen DFB und der Deutschen Fußball Liga. Der Kontrakt, der die Finanzflüsse zwischen DFB und DFL regelt, läuft nächstes Jahr aus. Kein Wunder, dass die DFL auf eine schnelle Nachfolgelösung beim Partner gedrängt hat. Zwanziger begründete sein Ansinnen, bis zum Oktober 2012 noch im Amt zu bleiben, unter anderem mit den Gesprächen über diesen Kontrakt: „Ich lese heute von vielen Baustellen, aber es gibt nur eine wirkliche: den Grundlagenvertrag zwischen Profis und Amateuren zu verlängern.“
Niersbach wiederum wertet den Kampf gegen die Gewalt in den Stadien als Herausforderung Nummer eins. „Ich sehe es als das momentan größte Problem an, das wir 2012 angehen müssen“, erklärte er am Mittwoch. Der OK-Vizepräsident des Sommermärchens 2006 wünscht sich ein Teamwork, „damit wir wieder eine so tolle Atmosphäre kriegen wie bei der WM“. Eine schnelle und einfache Lösung wird es bei den zunehmenden Fan-Krawallen nicht geben, auch wenn der DFB eine Task Force gegründet hat.
Nicht zuletzt wird sich Zwanzigers Nachfolger mit den Ermittlungen gegen zahlreiche Schiedsrichter wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung beschäftigen müssen. Auch wenn der amtierende DFB-Boss nicht davon ausgeht, dass es zu Strafverfahren kommt. Und auch der Suizidversuch von Spitzenreferee Babak Rafati bedarf noch der Aufarbeitung.