Kieler Pokal-Helden feiern durch: „Lust auf mehr“
Kiel (dpa) - Als die Kieler Pokal-Helden nach ihrem dritten Cup-Coup auf dem zerfurchten Restrasen des Holstein-Stadions jubelnd aufeinander lagen, wähnten sie sich am Ziel ihrer Wünsche. Doch es kam noch besser.
Glücksfee Melanie Behringer bescherte den „Störchen“ kurz vor Weihnachten in Meister Borussia Dortmund die Mannschaft des Jahres als Gegner im DFB-Pokal-Viertelfinale. „Der Traum geht weiter“, jubelte Geschäftsführer Wolfgang Schwenke nach der vollauf verdienten 2:0-Sensation über den chancenlosen Erstligisten Mainz 05 und einer durchfeierten Nacht. „Das macht Lust auf mehr.“
Nach dem 1. FC Magdeburg (2001) steht Holstein als erst zweiter Viertligist seit Bundesliga-Gründung in der Runde der Top-Acht. Die zweite Million an Pokalgage ist sicher, der Saisonetat (2,3 Millionen Euro) nahezu eingespielt. In der allgemeinen Euphorie machte Coach Thorsten Gutzeit jedoch klar, dass für den Regionalliga-Zweiten der Aufstieg in die 3. Liga „klare Priorität“ hat: „DFB-Pokal ist Bonus.“ Doch als dann nur noch Holstein und der BVB im Lostopf lagen, war auch der Erfolgscoach plötzlich Feuer und Flamme. „Wenn man gegen den Meister spielt, ist das für jeden eine echte Herausforderung“, meinte er. „Dortmund ist aber noch ein ganz anderes Kaliber als Mainz.“
In der Pokal-Form von 2011 indes scheint für den nahezu komplett aus Profis bestehenden letzten Amateur-Vertreter am 7./8. Februar selbst gegen den Meister etwas drin zu sein. Nach Erfolgen über die Zweitligisten Cottbus (3:0) und Duisburg (2:0) ließen die rotzfrechen Außenseiter auf dem ramponierten Spielfeld auch Mainz keine Chance und blieben erneut ohne Gegentor. „Mainz hat alles versucht, war aber einfach nicht gut genug“, fasste 2:0-Torschütze Steve Müller das eigentlich Unfassbare mit einfachen Worten zusammen - und stellte dem phasenweise vorgeführten Favoriten zugleich ein Armutszeugnis aus.
„Bei den Toren haben wir nach Standards schlampig verteidigt“, gab Thomas Tuchel zu. Während der 05-Coach im minutenlangen Monolog nach Erklärungen rang, aber ansonsten nur die fehlende Durchschlagskraft bemängelte, sprach Manager Christian Heidel Klartext. „Das war einer der bittersten Momente meiner 20-jährigen Tätigkeit. Die Art und Weise, wie wir verloren haben, geht gar nicht. Das war absolut nicht bundesliga-würdig. Da waren 14 Mann dran schuld“, fauchte er in die Runde. Und prangerte „ein klares Kopfproblem“ seiner Profis an. „Die saßen gedanklich alle schon in irgendeinem Flieger gen Urlaub, aber man kann verlangen, dass alle bis zum letzten Spiel alles geben.“
Das aber war absolut nicht der Fall. Dafür kämpften die „Störche“ wie die Löwen. Und hatten Glück, dass Anthony Ujah (6. Minute) ihnen per Eigentor wertvolle Schrittmacherdienste leistete. Jan Kirchhoffs unfreiwillige Kopfball-Vorlage nutzte Müller (64.) zur Entscheidung. „Unglaublich: Wir sind in eine neue Dimension vorgestoßen“, sagte der starke Mittelfeldmann Tim Siedschlag, der beide Treffer vorbereitet hatte. Nun könne nach der Pokal-Party am Donnerstag auch noch die Club-Weihnachtsfeier kommen. Sie soll ein ebenso unvergessliches Ereignis bleiben, versprach Siedschlag: „Sie wird drei, vier Tage dauern. Unser Trainingsauftakt ist schließlich erst am 5. Januar.“