Siegenthaler DFB-Scout rechnet mit einem WM-Überraschungsteam
Berlin (dpa) - DFB-Chefscout Urs Siegenthaler rechnet bei der Fußball-WM 2018 in Russland mit einer Überraschungsmannschaft im Viertelfinale.
„Stand heute würde ich sagen: Unter den letzten Acht werden mit Gottes Fügung wir sein, außerdem Brasilien, Argentinien, England, Frankreich, Spanien und Belgien“, sagte der 70 Jahre alte Schweizer der „Berliner Morgenpost“. „Und dann wird es ein Überraschungsteam geben. Vielleicht Polen, vielleicht die Schweiz, und nicht zu vergessen Portugal. Das ist möglich.“ Europameister Portugal stand in den vergangenen 50 Jahren nur einmal im WM-Viertelfinale und wurde dabei 2006 Vierter.
Von den deutschen Gruppengegnern Mexiko, Schweden und Südkorea erwartet Siegenthaler keine reine Defensivtaktik. „Das sind drei Mannschaften, die gern Fußball spielen“, erläuterte der Vertraute von Bundestrainer Joachim Löw. „Das sind keine reinen Zerstörerteams. Klar, sie werden gegen den Weltmeister auch mit viel Defensive ihr Spielglück versuchen. Aber in ihren Fußball-Herzen wollen alle mitspielen.“
Für Schweden sieht er dabei keinen Nachteil, sollte Superstar Zlatan Ibrahimovic für die WM nicht doch noch seinen selbstgewählten Nationalteam-Rücktritt revidieren. „Sie waren zumindest disziplinierter ohne ihn“, sagte Siegenthaler. Generell könne der Ausfall eines Superstars „Fesseln bei anderen abwerfen. Wenn der General ausfällt, kommen manchmal die Majore und machen die Aufgabe — vielleicht gleich gut, vielleicht sogar besessener. Das hatten wir bei der WM 2010 nach dem Ausfall von Michael Ballack.“
Schweden hatte sich ohne Ibrahimovic in den Playoffs gegen Italien für die WM qualifiziert. Das Rückspiel verfolgte Siegenthaler im Stadion - mit Tränen nach dem Schlusspfiff. „Weil ich nach Italiens WM-Aus dachte: Jetzt hast du zum letzten Mal diese großartige Generation um Buffon, Rossi, Chiellini und Bonucci gesehen“, sagte er. „Italien war für mich in taktischer Hinsicht lange Zeit das Ideal. Diese Cleverness. Diese Klasse. Aber sie haben sich nicht weiterentwickelt.“