„Allez les Verts“: Irland furchtlos gegen Frankreich
Lille (dpa) - Auch die Frage nach dem nächsten Gegner konnte Martin O'Neills gute Laune nicht verderben. „Frankreich? Leicht“, sagte der Fußball-Nationaltrainer Irlands mit einem Grinsen im Gesicht.
Den 1:0-Sieg über Italien im letzten Gruppenspiel und den erstmaligen Einzug in die K.o.-Runde einer EM feierten O'Neill und seine Spieler ausgelassen, ohne sich wegen des Achtelfinales gegen den Gastgeber am Sonntag schon den Kopf zu zerbrechen. „Wir müssen uns darüber Gedanken machen, wenn wir wieder zu Hause sind“, forderte O'Neill.
Im Teambus auf dem Weg zurück ins EM-Quartier nach Versailles grölten die Profis und feierten das Ende der langen irischen Leidenszeit von 28 Jahren ohne EM-Sieg. Der letzte war 1988 in der Vorrunde mit einem 1:0 über England gelungen. Vor allem Siegtorschütze Robbie Brady, der nach 85 Minuten mit einem Kopfball das italienische Abwehrbollwerk knackte, war der gefeierte Held. „Es ist unglaublich, fantastisch. Ein Traum ist wahr geworden“, sagte er am Tag danach.
O'Neill lobte die Mannschaft: „Es war nicht ein Spieler in einem irischen Trikot, der nicht heldenhaft gespielt hätte.“ Bei allen überwog der Stolz, es in der schweren Gruppe E mit Belgien, Italien und Schweden noch in die K.o.-Runde geschafft zu haben. Zur Belohnung gewährte O'Neill seinen Spielern einen freien Donnerstag.
Der Sieg gegen Italien war etwas sehr Spezielles für die Boys in Green und macht ein ganzes Land stolz. „Brady schießt Irland in den K.o.-Runden-Himmel“, titelte die „Irish Times“. Die Zeitung „Independent“ dichtete den Anfeuerungsruf der Franzosen „Allez les Bleus“ (Vorwärts, Ihr Blauen) für das Team von der grünen Insel um: „Allez les Verts! Irland im Traumland“. Die Fans, die ihr Team schon während der 90 Minuten lautstark unterstützt hatten, feierten die ganze Nacht über. „Wir haben Geschichte geschrieben und Millionen glücklich gemacht“, sagte Brady. Seamus Coleman ergänzte: „Wir wollten unsere Fans mit dem Tor belohnen. Es war pure Emotion.“
Torhüter Darren Randolph checkte mit einem breiten Grinsen spät am Abend noch die Glückwunsche auf seiner Mailbox. „Das sind diese Momente im Fußball, die nicht sehr oft kommen“, sagte er. Und Trainer O'Neill meinte: „Es ist ein sehr besonderer Abend. Es war sehr emotional, aber es war ein großartiger Sieg, den wir uns verdient haben.“ Für Irland ist es bei seiner dritten EM-Teilnahme nach 1988 und 2012 der erste Sprung in die K.o.-Phase. Nach England, Wales und Nordirland ist es zudem das vierte Team von den Britischen Inseln im Achtelfinale.
Doch den müden Helden bleibt nur wenig Zeit zur Erholung: Bereits am Sonntag steht das Achtelfinale gegen Gastgeber Frankreich an. „Der Sieg gegen Italien hat uns einen großen Schub an Selbstvertrauen gegeben“, sagte O'Neill im EM-Quartier in Versailles. Mittelfeldspieler Jeff Hendrick meinte: „Wir müssen uns jetzt auf das Spiel vorbereiten, es sind nur ein paar Tage.“
Obwohl sich die Iren ihrer Außenseiterrolle bewusst sind, glauben sie an ihre Chance gegen den großen Favoriten. „Ich wüsste nicht, warum wir Angst haben sollten. Es ist elf gegen elf“, sagte Hendrick. Und Siegtorschütze Brady schickte schon kurz nach dem Schlusspfiff eine Kampfansage an den Gegner: „Ich denke nicht, dass wir uns vor etwas fürchten müssen. Wir können in diesem Turnier so weit kommen, wie wir es selbst zulassen“, kündigte der 24-Jährige selbstbewusst an.