Aufwärmen am Atlantik für Lewandowskis Polen
La Baule (dpa) - Den herrlichen Blick aus ihrer Nobelherberge in der Bretagne auf den azurblauen Atlantik können Robert Lewandowski und seine polnischen Mitspieler nicht richtig genießen.
Nur wenige Stunden nach der Ankunft in dem malerischen Küstenort La Baule bat Nationaltrainer Adam Nawalka seine Kicker unter riesigem Beifall der Fans schon zum ersten Training im Stade Municipal Moreau Defarges. In seinem etwa 60 Kilometer westlich von Nantes gelegenen EM-Stammquartier arbeitet der deutsche Gruppengegner am Feinschliff für die Endrunde. „Wir haben keine Angst vor dem Druck, jeder weiß, dass von uns viel erwartet wird“, sagte Lewandowski auf der Auftaktpressekonferenz der Polen nach der Ankunft in Frankreich. „Wir sind nicht hier, um nur teilzunehmen, wir wollen etwas gewinnen.“
An dieser Haltung ändern auch durchwachsene Tests nichts. „Bedeutung hat, was wir bei der EM zeigen. Aber manchmal muss man zeigen, dass man sich nicht in die Suppe spucken lässt. Ich hoffe, dass nach der Niederlage und dem Unentschieden nun wieder ein Sieg an der Reihe ist“, sagte Kapitän Lewandowski nach dem letzten Härtetest seiner Mannschaft am Montagabend in Krakau. Wie schon beim 1:2 gegen die Niederlande sprang auch gegen Litauen kein Sieg heraus. Ohne den geschonten Lewandowski und mit einer munter durchgewechselten Mannschaft kam Polen nicht über ein 0:0 hinaus.
„Das war ein ausgezeichneter Test vor dem ersten Spiel gegen Nordirland. Sie spielen einen ähnlichen Stil“, meinte Nawalka. „Schade, dass die Fans keine Tore gesehen haben, wo sie uns doch die ganze Zeit stark unterstützen. Wir würden ihnen gerne ein bisschen Freude bereiten.“ Wichtig sei ohnehin erstmal nur der EM-Auftakt in der Gruppe C am 12. Juni (18.00 Uhr) in Nizza gegen Nordirland. „Ich denke, die Hauptsache ist, dass die Form in Frankreich stimmt und wir es noch schaffen, die Fans zu erfreuen“, betonte Nawalka.
Lewandowski kann mit durchwachsenen Tests gut leben - wenn dann der Ernstfall erfolgreich bewältigt wird. Der 27-Jährige vom FC Bayern München erinnerte daran, dass sich seine Mannschaft 2012 schon vor der Heim-EM in Polen und der Ukraine teils in starker Form präsentiert habe, diese Leistung jedoch bei der Endrunde nicht mehr abrufen konnte. Am Ende schied der Olympiasieger von 1972 erneut in der Gruppenphase aus.
Das soll diesmal nicht passieren. Die Boulevardzeitung „Fakt“ wertete die Nullnummer gegen Litauen aber als „fatales Ergebnis der Polen unmittelbar vor der EM“. Abwehrchef Kamil Glik vom FC Turin wollte von einer verpatzten Generalprobe nichts wissen. „Man muss von den Litauern sagen, dass sie nicht zum Ferien machen gekommen sind, sondern um ein ernsthaftes Spiel zu spielen. Daher war das ein wertvolles Sparring“, erklärte der 28-Jährige. Aber auch Glik weiß, dass sich die Polen in den Duellen mit Nordirland, Deutschland und der Ukraine zielstrebiger präsentieren müssen. Sonst wird es auch bei der dritten EM-Teilnahme nichts mit dem ersten Sieg.
Gedämpft ist die Stimmung bei den Polen durch die Probleme von Kamil Grosicki. Der auf der Außenbahn so wichtige Legionär von Stade Rennes verstauchte sich gegen Litauen den Knöchel. Für das Duell gegen Nordirland ist er fraglich. „Ich hoffe nicht, dass seine Verletzung so schwer ist, dass er für ein Spiel oder sogar mehrere ausfällt“, sagte Nationaltrainer Nawalka am Dienstag. „Wir haben noch ein paar Tage Zeit.“ Grosicki sei „ein Kämpfer“.
Von weiteren Verletzten will man im Camp der Polen jedoch nichts mehr wissen. Schließlich mussten schon Verteidiger Maciej Rybus (Schulter) und Mittelfeldspieler Paul Wszołek (Armbruch) auf ihre EM-Teilnahme verzichten.