EM-Tagebuch Bonjour - Kein Weg zu weit
Neun Reporter sind für unsere Zeitung bei der Fußball-EM in Frankreich unterwegs. Tag für Tag wird einer von ihnen sein Tagebuch öffnen.
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Reisetag. Jetzt beginnt die Tour de France erst richtig. Denn vom Mannschaftsquartier in Evian am Südufer des Genfer Sees bis zum ersten Spielort Lille hoch im französischen Norden waren es stramme 800 Kilometer. Wenigstens müssen wir sie nicht mit dem Fahrrad bewältigen. Aber der Deutsche ist ja bekanntlich nicht nur Weltmeister im Fußball, sondern auch im Reisen. Und so sucht der polyglotte Oliver Bierhoff auch immer ganz besonders abgelegene Plätzchen aus, an denen Jogis Jungs dann ihre luxeriösen Zelte aufschlagen.
Wenn bei der EURO 2008 alle Gruppenspiele in Österreich stattfinden, wohnt die deutsche Mannschaft im Südzipfel der Schweiz. Zwei Jahre später in Südafrika geht es stets von der Pampa im Hochfeld von Gauteng durchs weite Land. Bei drei Gruppenspielen in der Ostukraine ist das Basislager der EM 2012 selbstverständlich in Danzig an der polnischen Ostseeküste. Und vom Campo Bahia konnte kein Weg weit genug sein zu den brasilianischen WM-Schauplätzen. Wozu gibt es schließlich Flugzeuge?
Auch wenn dem riesigen DFB-Tross inzwischen eine Maschine gar nicht mehr reicht, um ihn von irgendeinem Provoinz-Mini-Airport aus- und wieder zurück zu fliegen. Jets der erforderlichen Größe können dort weder starten noch landen. Die Maschinen des Weltmeisters fliegen wenigstens noch. Aber die, die Fans und Berichterstatter nach Lille bringen sollten, bleiben am Boden. In Frankreich wird mal wieder gestreikt. Und wenn der Franzose streikt, dann tut er das in aller Konsequenz.
Von wegen klein bei geben, weil doch gerade EM ist. Jetzt erst recht, denken sie sich zwischen Straßburg und Marseille. Deshalb haben sich Teile der Eisenbahner auch gleich mit den fliegenden Kollegen solidarisch erklärt. „Wenn der Franzose etwas perfekt beherrscht, dann ist es der Streik“, sagt uns ein deutscher Landsmann schmunzeln. Er spricht aus Erfahrung. Er lebt und arbeitet hier. Da trifft es sich gut, dass wir uns gleich für die Ochsentour mit dem Auto entschieden haben.
Und nach dem schweren Auftakt bleibt ein Trost. Nach Paris, wo die Spiele gegen Polen und Nordirland stattfinden, sind es von Evian 250 Kilometer weniger. Bleibt zu hoffen, dass die Bediensteten der Tankstellen nicht auch noch die Arbeit niederlegen.