DFB und Presse: Immer und überall gilt das gesprochene Wort

Warum Spieler mit vielen Worten wenig sagen. Und das Gegenteil zum Skandal reicht.

Sopot. Eigentlich darf man das ja gar übel nehmen. Das mit der Sprachlosigkeit. „Aus Sopot werden keine bedeutenden Sätze mehr gesprochen“, sagen die deutschen Berichterstatter hinter vorgehaltener Hand. Von jenen, die im „Hotel Oliwski“ auf Gesprochenes warten, das geeignet ist, die nationale Stimmungslage ins Ungleichgewicht zu bringen.

Pressekonferenzen gehen bisweilen so: Philipp Lahm spricht über „größte Ziele“, die man „natürlich erreichen will“. Sagt aber nicht: Wir kratzen, schlagen und töten dafür. Mats Hummels ist beleidigt und sagt erst einmal gar nichts, Mario Gomez nimmt den Verbalmord Mehmet Scholls als „Ansporn“. Das tägliche Auditorium im Pressezelt ist oft genug ein Hort für Floskeln und Allgemeinplätze. Der Berichterstatter ersehnt Gehör, der Star ignoriert.

Ja, was waren das noch für Zeiten, als Mehmet Scholl von seinem Lebensmotto berichtete: „Hängt die Grünen, solange es noch Bäume gibt“, hat der Gute 1994 gesagt, was politisch inkorrekt, aber witzig war.

Politisch inkorrekt geht aber gar nicht, allemal in Polen nicht. Nachzufragen bei Oliver Bierhoff oder Hans-Dieter Flick. Als Deutschlands Team-Organisator Bierhoff von seinen Planungen sprach, wie denn ein deutsches Team dem Holocaust in Polen gedenken könne, zog er unter anderem ein „Kamingespräch“ in Betracht. Das war wenig böswillig, aber nicht gut. Und Flick? Wollte der deutschen Auswahl den „Stahlhelm“ aufsetzen, wenn Ronaldos Freistöße heranfliegen. Das entsetzliche Gewitter war noch nicht entfacht, da schrieb die Medienabteilung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) schon per Kurznachricht, die Entschuldigung Flicks sei auf der DFB-Seite im Internet zu lesen.

22 Millionen und mehr schauen den Fußballspielen des deutschen Teams zu, einige Millionen Zuseher verfolgen gar die täglich live ausgestrahlten Pressekonferenzen aus Sopot, auf denen Fußballer sich zu der in der Ukraine politisch gefangenen Frau Timoschenko äußern sollen, die im Gefängnis von Charkow festgehalten wird, wo Deutschland gegen die Niederlande Fußball spielen wird und, bitteschön, nicht in die Schlacht ziehen will.

Wie angenehm ist es da, wenn die Dame vom Rundfunk für die bunten Themen nach abgereisten Freundinnen fragt. Da kann man jetzt nicht so viel falsch machen. Es sei denn, man geht ins Detail. „Quatsch, wir zocken nie um viel. Höchstens um 3000 Mark“, faselte Mario Basler einst im Trainingslager und stieß eine laue Brise an.

Heute würde daraus ein Sturm. Wer jetzt noch etwas zu sagen hat, macht das einmal im Jahr. Wie Philipp Lahm, wenn er Kapitän der Nationalelf werden will. „Das nächste Spiel ist immer das nächste“, hat Matthias Sammer gesagt. Man möchte sagen: Das nächste Wort ist immer das gesprochene. Und das gilt.