EM-Kater in der Ukraine - Blochin klagt über Fans

Donezk (dpa) - Der Liebesentzug der Zuschauer verhagelte Ukraines Trainer Oleg Blochin nach der Niederlage im Gewitterchaos endgültig die Laune. Mit lauten Pfiffen hatten viele Fans in Donezk auf das 0:2 (0:0) gegen Frankreich und das drohende EM-Aus reagiert.

„Ich denke, es ist nicht fair“, meinte Blochin am Freitagabend mürrisch, „wenn sie gewinnen, ist alles gut. Wenn sie nicht gewinnen, sind wir erledigt. Sie sollten mich auspfeifen, aber nicht das Team. Sie haben alles versucht.“

Das war gegen technisch und körperlich überlegene Franzosen allerdings längst nicht genug. Auch Superstar Andrej Schewtschenko, der beim Auftaktsieg gegen Schweden noch als Doppeltorschütze brilliert hatte, blieb bis auf zwei Chancen wirkungslos. „Wir müssen akzeptieren, dass Frankreich in der zweiten Halbzeit besser gespielt hat und jetzt nur noch an eine Sache denken“, meinte der 35 Jahre alte Volksheld, „England zu schlagen“.

Am Dienstag muss der Euro-Neuling in Donezk unbedingt gewinnen, um noch den Sprung ins Viertelfinale zu schaffen. Vor dem Turnier waren bislang nur Belgien (2000), Österreich und die Schweiz (jeweils 2008) als EM-Ausrichter in der Vorrunde gescheitert.

Für die Stimmung im östlichsten Ort dieser EM wäre das frühe Ende des Finaltraums ein herber Schlag. Traurig wischten sich ukrainische Anhänger nach Schlusspfiff über ihre schon vom heftigen Regen verschmierten blau-gelben Fahnen auf den Wangen. „Unwetter spült ukrainische Elf auf Platz Drei!“, schrieb die Tageszeitung „Komsomolskaja Prawda UA“, „gegen eine der stärksten Nationalmannschaften Europas hielt das Team von Trainer Blochin eine Halbzeit lang durch.“

Dennoch blieb Staatspräsident Wiktor Janukowitsch auf den Ehrenrängen nichts anderes übrig, als dem französischen UEFA-Präsidenten Michel Platini mit zerknirschtem Gesichtsausdruck als erster Gratulant die Hand zu reichen. „Es war eine gute Atmosphäre auf der Tribüne, die Fans haben uns gut unterstützt“, lobte Bayern-Profi Anatoli Timoschtschuk konträr zu seinem Coach.

Blochin wird sein Team nun am Spielort in Donezk, wo die Ukraine keine ihrer vergangenen sechs Partien gewinnen konnte, auf den Showdown vorbereiten. „Wir werden eine ernsthafte Diskussion haben“, kündigte der 59-Jährige. „Es kann nicht sein, dass wir ein Spiel gewinnen und dann so auftreten.“

Richtigen Optimismus konnte jedoch Blochin nicht verbreiten - auch wenn er sich redlich Mühe gab. „Wir haben ein Spiel verloren, aber es gibt immer noch eine Partie“, sagte er in Richtung der ukrainischen Journalisten, „fragt doch endlich ein paar Fragen und seid nicht so traurig.“ Doch im Gegensatz zu der Pressekonferenz vor der Partie, als auch zwei Spieler anwesend waren, gab es dieses Mal keinen Applaus von den einheimischen Reportern.