EM startet mit fröhlichen Feiern

Warschau (dpa) - In der UEFA-Chefetage dürfte Präsident Michel Platini erleichtert aufgeatmet haben, Irlands Star-Trainer Giovanni Trapattoni verteilte sogar ein Sonderlob an den EM-Gastgeber.

In Polen und der Ukraine hatten viele Fans vor der Eröffnung der Fußball-Europameisterschaft gezittert und eine Blamage befürchtet. Doch mit einer stimmungsvollen Eröffnungsfeier, meist friedlich feiernden Menschen auf den Straßen und sportlichen Überraschungen hat der Auftakt der Fußball-EM 2012 Appetit auf mehr gemacht.

„Mein erster Eindruck von Polen ist exzellent. Die Bedingungen sind hervorragend bei uns, auch die Organisation klappt sehr gut“, sagte Trapattoni vor dem ersten Spiel seiner Iren am Sonntagabend in Posen gegen Kroatien. Ein erstes offizielles Resümee will die Europäische Fußball-Union (UEFA) erst am Dienstag ziehen, wenn in allen acht EM-Orten gespielt wurde.

Auch wenn die Warschauer Innenstadt noch voller Baustellen für den nicht fertiggestellten U-Bahn-Bau ist und etwa in der Umgebung der Danziger EM-Arena nicht alle Arbeiten beendet wurden - die lokalen Organisatoren zogen am ersten EM-Wochenende eine positive Bilanz.

„Die ganze Hauptstadt ist eine EM-Fiesta“, schrieb die Zeitung „Rzeczpospolita“. Über die Eröffnungsfeier, die aus kulturellen Traditionen der Gastgeberländer Polen und Ukraine schöpfte, schrieb die ukrainische Zeitung „Segodnja“: „Ein Regenguss? Bauverzögerungen? Alles war vergessen, als die Klaviernoten von Chopin - und keine offiziellen Reden - durch die prächtige Arena flossen.“

Aus den ukrainischen Spielorten Lwiw, wo die DFB-Elf 1:0 gegen Portugal gewann, und Charkow, Schauplatz der überraschenden 0:1-Niederlage der Niederlande gegen Dänemark, wurden zunächst keine ernsthaften Zwischenfälle vermeldet. In beiden Städten wurden aber fleißig von der Timoschenko-Partei T-Shirts mit dem Aufdruck „Free Yulia“ verteilt - und die Fans sollen kräftig zugegriffen haben. Beim Spiel in Charkow sollen sich Russen und Ukrainer mit „Rossija“- bzw. „Ukraina“-Sprechchören gegenseitig provoziert haben.

Aus Breslau (Wroclaw) wurden zwei Zwischenfälle mit randalierenden russischen Fans gemeldet. Doch Schlägereien blieben die Ausnahme, auch wenn vor und nach den Spielen reichlich Bier floss. „Es gab 16 Ordnungsstörungen und 314 medizinische Einsätze“, sagte die polnische Sportministerin Joanna Mucha am Samstag in Warschau.

Fast 300 000 Menschen auf den Fanmeilen und knapp 90 000 in den beiden Stadien in Warschau und Breslau - diese Zahlen könnten sich sehen lassen, meinte Marcin Herra von der Veranstalterfirma PL2012: „Sportlich war das Ergebnis des ersten EM-Tages 1:1, organisatorisch 1:0.“ Auch die Warschauer Polizei war zufrieden. „Das war großartig. Wir haben die erste Prüfung bestanden“, sagte Polizei-Sprecher Maciej Karczynski. Allein in der Hauptstadt waren nach Angaben des polnischen Innenministeriums rund 6000 Beamte am ersten Spieltag im Einsatz, 3700 Polizisten sorgten in Breslau für Sicherheit.

Wie um zu beweisen, dass Osteuropäer nicht nur im Improvisieren glänzen, sondern auch geradezu preußisch auf Vorschriften bestehen können, legen allerdings einige der Ordner bei der EM die Regeln ausgesprochen kleinlich aus. „Ihr könnt hier nicht rein“, verwehrte etwa ein breitschultriger Ordner vor der Warschauer Fanzone einigen schwerbepackten Journalisten an einem zu diesem Zeitpunkt völlig leeren Tor den Einlass zur Warschauer Fanzone. „Ordnung muss sein.“