EM-Test ohne Bayern-Spieler - Formel 1 als Starthilfe

Tourettes (dpa) - Formel 1 statt Länderspiel: Das Rennspektakel mit Weltmeister Sebastian Vettel in den Straßen von Monaco hat Joachim Löw als perfekten Neubeginn für seine niedergeschlagenen Vize-Bayern auserkoren.

Der Bundestrainer verzichtet beim ersten von nur zwei EM-Testspielen am Samstag gegen die Schweiz überraschend auf alle acht Münchner Fußball-Nationalspieler und gönnt Bastian Schweinsteiger & Co. stattdessen einen zusätzlichen freien Tag vor dem Einstieg in die Turniervorbereitung.

Erst am Samstagabend, wenn die Teamkollegen in Basel gegen die Eidgenossen exakt zwei Wochen vor dem ersten EM-Gruppenspiel auf dem Prüfstand stehen, muss die Bayern-Fraktion nach Südfrankreich anreisen. Am Pfingstsonntag soll das komplette DFB-Team dann beim „großen Event“ im Fürstentum dabei sein, wie Löws Assistent Hansi Flick ankündigte: „Da haben die Bayern einen guten Einstieg in die nächste Stufe.“

Löw folgte mit dieser Marschroute auch den Ratschlägen von Teampsychologe Hans-Dieter Hermann, der bei der Verarbeitung der Champions-League-Niederlage den „Zeitfaktor“ und die „Ablenkung“ vom Fußball als besonders wichtig hervorhob. „Wir werden sie in den Spirit mit aufnehmen, den wir haben für die EM. Ich bin mir sicher, dass die Bayern-Spieler sich schnell darauf einlassen und sehr schnell auch nach vorne schauen“, sagte Hermann im Trainingslager.

„Der Abstand ist wichtig“, betonte der Psychologe zum Verarbeitungsprozess der bitteren Finalniederlage gegen Chelsea. Hermann rechnet mit einer Jetzt-erst-recht-Haltung bei Schweinsteiger, Lahm, Neuer, Gomez, Müller, Badstuber, Kroos und Boateng. Sie würden „mit neuem Elan an die neuen Aufgaben“ gehen.

Miroslav Klose wurde in seinem Trainings-Ehrgeiz erneut gebremst, diesmal von muskulären Problemen am Rücken. Der 33 Jahre alte Torjäger soll nach zwei Tagen Pause an diesem Mittwoch wieder auf dem Platz stehen. Trotzdem wollen die Trainer mit Klose weiterhin „ganz sensibel“ verfahren, wie Co-Trainer Flick erläuterte: „Alles wird aufgezeichnet. Wir wissen genau, wie sein Zustand ist. Er ist voll im Soll, wir sind guten Mutes.“

Das Schweiz-Spiel wird zu einer ersten Nagelprobe. „Wenn die Beschwerden bei Miro vorbei sind, wird er auch spielen“, bemerkte Flick. Vom Tagesausflug nach Basel verspricht sich der Trainerstab um Löw „wichtige Erkenntnisse“. Schließlich muss der Bundestrainer drei Tage später einen Torwart und drei Feldspieler aus dem noch 27-köpfigen Kader streichen. Alle Akteure sind heiß, sich noch einmal in einem Wettkampf beweisen zu können. „Das Spiel hilft, dass das Adrenalin wiederkommt, die Freude am Spielen und die Anspannung für das Turnier“, sagte der Stuttgarter Cacau vor dem freien Nachmittag, den er auf dem Golfplatz verbringen wollte.

Auch Mesut Özil, der bislang noch ein Sonder-Fitnessprogramm verordnet bekommen hatte, soll ab sofort ins Teamtraining einsteigen und wie sein Teamkollege bei Real Madrid, Sami Khedira, gegen die Schweiz zum Einsatz kommen. Bei der ersten Taktikeinheit am Dienstag legte Löw den Übungsschwerpunkt auf die defensive Grundordnung. Der gut trainierende Abwehrchef Per Mertesacker soll in Basel seinen ersten Wettkampf nach der Sprunggelenks-Operation im Februar bestreiten. Danach bleibt Löw nur noch die Generalprobe am 31. Mai in Leipzig gegen Israel, um seine EM-Formation zu finden.

Bis dahin müssen auch die Bayern-Spieler auf EM-Modus umschalten. „Wir kriegen das schon hin“, versicherte Teammanager Oliver Bierhoff: „Vielleicht sind sie jetzt noch hungriger, den EM-Titel zu holen.“ Geplant ist, dass Kapitän Philipp Lahm und seine Kollegen ab Montag in den Trainingsprozess integriert werden, berichtete Flick: „Sie werden das neue Ziel angehen.“