England schwärmt von Rooney als Regisseur
Chantilly (dpa) - Auf dem Golfplatz sammelt Wayne Rooney neue Energie für das hochbrisante britische Bruder-Duell bei der EM. Im weißen Polo-Shirt mit den drei Löwen auf der Brust stapft Englands Kapitän über die Grüns im Club du Lys Chantilly.
Mit seinem gewohnten Spielgerät will der 30-Jährige am Donnerstag im „Battle of Britain“ mit Wales unbedingt das bittere 1:1 aus dem Auftakt gegen Russland wettmachen. Dabei setzt ganz England auf Rooney - in der Version 2.0.
„Es schmerzt mich, das zu sagen, aber er spielt unglaublich im Mittelfeld“, schwärmt Jack Wilshere über den gelernten Stürmer, der das englische Angriffspiel auf der ungewohnten Position im halblinken Mittelfeld lenkt. Auch wenn Rooney damit Wilshere den Platz wegnimmt, ist dieser vor den Mikrofonen auf dem regnerischen Trainingsplatz in seiner Lobeshymne kaum zu bremsen. „Ich denke, er ist uns bester Spieler. Alles lief über ihn. Er hat die Reichweite mit seinen Pässen, er versteht das Spiel. Ich liebe es, ihm zuzuschauen und ich liebe es, mit ihm zu spielen.“
Vor dem Turnier bestimmte die Frage, ob Rooney angesichts des Überangebots im englischen Team überhaupt noch seinen Platz in der Startelf verdient habe, die Schlagzeilen. Nach dem Auftakt musste sich Coach Roy Hodgson sogar verteidigen, dass er den müder werdenden Kapitän auswechselte.
Sollte Rooney auch gegen Wales auf eine überragende Passquote von mehr als 90 Prozent kommen und mehr als doppelt so viele lange Anspiele wie jeder andere Feldspieler Englands an den Mann bringen, hätten die Three Lions ihren lange vermissten Mittelfeld-Organisator endgültig gefunden. „Wir müssen gegen Wales genauso auftreten wie gegen Russland, dann wird es klappen“, erklärte Rooney.
Dabei vollzieht er einen Wandel, wie er nur wenigen Superstars gelingt: Vom torhungrigen Stoßstürmer zum vorlagengebenden Regisseur. „Er ist wie Andrea Pirlo, weil er das Spiel so gut versteht“, vergleicht Wilshere ihn mit einem der ganz großen Strategen der Fußball-Geschichte. „Er liest die Laufwege der Spieler wie nur wenige. Um den richtigen Pass im richtigen Tempo zu spielen, braucht es einen besonderen Spieler.“
Auch abseits des Platzes kommt Rooney eine hohe Bedeutung zu. Als ältester Spieler des zweitjüngsten Teams bei dieser EM versucht der ManUnited-Profi vor allem die elf Turnierneulinge zu unterstützen. „Ich muss ein gutes Beispiel für andere Spieler sein“, erklärte Rooney seine Rolle als Kapitän. „Ich denke nicht, dass ich auf die jüngeren Spieler aufpassen muss. Aber wenn ich das richtige Beispiel rund um das Hotel oder auf dem Trainingsplatz setzen kann, dann werden sie das registrieren.“ Nur ob der respektable Golfer Rooney (früheres Handicap 18) auch in seiner Runde mit Joe Hart und James Milner den Ton angeben konnte, blieb unklar.