Hundertmal Poldi: „Ein Ziel, eine Marke, ein Traum“

Danzig (dpa) - Das wird sehr emotional für Lukas Podolski. Schon zwei Tage vor seinem 100. Länderspiel gegen Dänemark war dem erst 27 Jahre alten Fußball-Nationalspieler auf dem DFB-Podium anzumerken, was ihm der Aufstieg in den elitären „Club der Hunderter“ bedeutet.

„Ich habe immer gesagt: Hundert ist ein Ziel, eine Marke, ein Traum“, erklärte Liebling Poldi mit leuchtenden Augen in Danzig. Acht Jahre ist es her, dass für Podolski die Liebesbeziehung zum Nationalteam begann. Zwei Tage nach seinem 19. Geburtstag wechselte ihn Teamchef Rudi Völler beim 0:2 gegen Ungarn in Kaiserslautern für Fredi Bobic ein. Es war der erste von vielen „besonderen Momenten“, die folgen sollten: „Keine Frage, dass ich mich hier sauwohl fühle in dem Team“, sagte Podolski, der damit nicht nur die Teamkollegen und seinen großen Förderer Joachim Löw meinte, sondern auch den Busfahrer, die Physiotherapeuten, den Koch und den Zeugwart.

„Wäre die Nationalmannschaft ein Club, wäre das so ein Club wie der FC“, schwärmte „Prinz Poldi“ beim Vergleich mit dem 1. FC Köln, den er zwar mit seinem Wechsel nach England zum FC Arsenal zum zweiten Mal verlässt, der aber ewig sein Verein bleiben wird.

Gegen Dänemark wird er mit besonderen Gefühlen der Nationalhymne lauschen. „Man ist stolz, am Spieltag den Adler auf der Brust zu haben“, sagte Podolski vor dem Jubiläumseinsatz. An viele große Momente wird er dann vielleicht zurückdenken, „meine ersten Tore in Thailand, die beiden bei der EM 2008 gegen Polen, die sehr emotional waren“. Seine einzige Rote Karte im 36. Länderspiel gegen Georgien, den einzigen verschossenen Elfmeter im WM-Spiel gegen Serbien (0:1) und vor allem die spektakuläre Ohrfeige für Ex-Kapitän Michael Ballack beim 2:0-Sieg in Wales 2009 verschwieg der „Kölsche Jung“.

Im Hundertsten wird der Kraftprotz mit der linken Klebe mit besonders großer Motivation zu Werke gehen, weil er noch Größeres in Polen und der Ukraine vorhat. Ein Viertelfinale in Danzig gegen Gastgeber Polen wäre für den in Gleiwitz geborenen Angreifer gleich der nächste Traum. „Ich drücke Polen die Daumen. Die Mannschaft liegt mir auch am Herzen.“ Aber im direkten Duell gäbe es kein Pardon: „Dann ist leider Endstation für Polen“, erklärte er breit grinsend.

Die Endstation Sehnsucht ist das Finale am 1. Juli in Kiew. In seinem dann 103. Länderspiel könnte er mit „Kaiser“ Franz Beckenbauer gleichziehen und seine Fußball-Karriere krönen. „Uns fehlt eigentlich nur noch ein Titel“, sagte Podolski zu seiner Generation. Zweimal WM-Dritter, einmal EM-Zweiter, das reicht ihm nicht. Er wolle „nicht nur Statistiken nachjagen“ - er möchte den Pokal in Händen halten.

Die 150 Länderspiele von Rekordnationalspieler Lothar Matthäus kann er allemal einholen, zur Bestmarke von „Bomber“ Gerd Gerd (68 Treffer) fehlen dem 43-fachen Torschützen noch 25 Treffer. Die Kollegen würden ihm die ganz persönlichen Rekorde gönnen. „Poldi ist nicht nur ein Top-Spieler, er ist auch ein Top-Mensch. Er ist nicht umsonst so beliebt“, erklärte der aktuell umschwärmte Torjäger Mario Gomez, der jahrelang um Anerkennung und Zuneigung kämpfen musste.

Ein Sieg und ein Tor, das würde sich Podolski am Sonntag wünschen. Denn es nagt an ihm, dass er bei seinem fünften großen Turnier noch nicht sein Tor bejubeln konnte. „Dass ich von mir in der Offensive mehr erwarte, ist keine Frage“, bestätigte er nach zwei Spielen, in denen er mehr Verteidiger als Angreifer war. „Ich würde gerne auch jedes Spiel aufs Tor schießen, Tore machen, Tore vorbereiten. Aber unser Fokus liegt auf einer guten Defensivarbeit“, erläuterte er sein persönliches Los. „Klar, dass da mein Offensivspiel leidet.“

Bundestrainer Löw, unter dem kein Nationalspieler häufiger zum Einsatz kam als Podolski (67 Länderspiele), verteidigte seinen Zögling, der ihn sogar duzen darf, vehement nach dem 2:1 gegen die Niederlande: „Lukas hat wahnsinnig gut nach hinten gearbeitet. Er war defensiv sehr stabil.“ Die Kritik fiel leise aus: „In der Offensive kann noch die eine oder andere Situation besser gelingen, logisch.“

Vielleicht zündet der „Deutschland-Poldi“ schon gegen die Dänen wieder nach vorne. Bis auf sein 45-Minuten-Debüt bei der EM 2004 hat er noch in jedem Turnier seine Tore gemacht; drei bei der WM 2006, drei bei der EM 2008, zwei bei der WM 2010. Und die EM 2012 soll ja nicht seine Endstation sein, auch wenn es „sehr gute Spieler“ gebe, die auch ihm „im Rücken sitzen“ würden, angefangen bei André Schürrle. „Die Nationalmannschaft ist mir ans Herz gewachsen. Ich hoffe, dass es noch ein paar Jahre weitergeht.“