Keeper Casillas König der K.o.-Runden
Kiew (dpa) - Iker Casillas ist der König der K.o.-Runden bei den großen Turnieren. Der Keeper und Kapitän der spanischen Nationalmannschaft kassierte seit dem Achtelfinal-Aus gegen Frankreich bei der WM 2006 in neun Endrundenspielen während insgesamt 900 Minuten keinen einzigen Gegentreffer.
Das soll auch im EM-Finale gegen Italien am Sonntag so bleiben. Kann er diese einzigartige Serie im Olympiastadion von Kiew gegen die „Squadra Azzurra“ fortsetzen, ist dem Europa- und Weltmeister das Titel-Triple praktisch sicher.
„Ich hoffe, die Leute werden sich ein Leben lang an uns erinnern“, sagte Casillas. „Wer hätte je gedacht, dass wir innerhalb von vier Jahren so viel für den spanischen Fußball erreichen.“ 2008 holte die „selección“ mit dem 1:0 gegen Deutschland den ersten EM-Titel nach quälend langen 44 Jahren Wartezeit. In Südafrika triumphierten Casillas und seine Kollegen erstmals bei einer WM, nachdem sie die Niederlande im Finale nach Verlängerung 1:0 bezwungen hatten.
„Der EM-Titel 2008 war der schönste, denn das war ein großer Moment für den spanischen Fußball nach so vielen Jahren. Mit der selección den Titel zu gewinnen, war für mich auch persönlich ein großer Traum“, sagte der spanische Rekordnationalspieler. „Bei der WM zählten wir zu den Favoriten, da war es absehbar.“
Am Sonntag (20.45 Uhr/ZDF) in der ukrainischen Hauptstadt kann Casillas seine einmalige Laufbahn krönen. Drei Titel bei Welt- und Europameisterschaften hintereinander hat noch kein Team - und damit auch kein Spieler - erreicht. Zudem kann der 32-Jährige als erster Profi weltweit seinen 100. Sieg mit der Nationalmannschaft feiern. Eigentlich war dieser Hunderter schon für das Halbfinale gegen Portugal geplant, aber Erfolge nach Elfmeterschießen zählen in der UEFA-Statistik nicht.
Indes weist Casillas auch so eine Unzahl an Titeln und Rekorden auf. Schwer vorstellbar, dass ein anderer Torhüter diese Bestmarken je bricht. Welt- und Europameister - übrigens auch mit der spanischen U16 (EM 1997) und der U20 (WM 1999) -, mit Real Madrid zweimal Champions-League-Gewinner, fünfmal Meister, dreimal Supercup-Sieger und, und, und.
Frankreichs Nationalcoach Laurent Blanc bezeichnete Casillas während der EM als „den besten Torwart der Welt seit rund zehn Jahren“. Mit seinen sensationellen Reaktionen und Reflexen, seiner unglaublichen Stärke in Eins-gegen-Eins-Situationen, seiner beeindruckenden Ruhe und Ausstrahlung hat er die „selección“ und Madrid schon mehrfach vor Niederlagen gerettet. Wegen solcher „Wunder“ verehren ihn die Fans als „San Iker“.
Dabei ist der „Heilige Iker“ keineswegs entrückt, sondern trotz seiner Sonderstellung absolut bodenständig. „Ich bin kein Galáctico, ich bin aus Móstoles“, wies er einmal auf seine bescheidene Herkunft aus dem Madrider Arbeiterviertel hin. Vater José Luis arbeitet als Angestellter im Erziehungsministerium, seine Mutter verdiente früher als Putzfrau Geld dazu. Casillas fuhr als Jugendlicher eineinhalb Stunden mit dem Bus und der U-Bahn in die „Ciudad Deportiva“ der „Königlichen“. Als er den Führerschein hatte, lieh er sich zunächst den acht Jahre alten Renault seines Vaters aus.
Real hatte das außergewöhnliche Talent bereits mit acht Jahren zu sich geholt. Auch der FC Barcelona wollte Casillas verpflichten, aber als waschechter Madrilene blieb der lieber zu Hause. Angesichts eines bis 2017 gültigen Vertrags ist ein Wechsel wenig wahrscheinlich. Viel eher, dass der seit 2000 stets zum EM- und WM-Kader gehörende Keeper auch bei den nächsten großen Turnieren in Brasilien und Frankreich als Nummer 1 dabei ist. „Als Torhüter kann man in der Regel ja länger spielen“, kündigte er schon mal an.