Machtwort von Evra - Frankreich-Initiative gegen Island

Clairefontaine (dpa) - Frankreichs Wortführer Patrice Evra hat Klartext gesprochen und im Schicksalsspiel der Équipe tricolore gegen die mutigen Isländer mehr Initiative eingefordert.

Foto: dpa

„Es reicht mit dem ständigen Reagieren. Eines Tages klappt das nicht mehr“, sagte der 35 Jahre alte Ex-Kapitän bei einer Pressekonferenz im EM-Camp der französischen Fußball-Nationalmannschaft. „Wir sind verrückt. Wir müssen aufhören, uns Angst zu machen“, betonte Evra.

Denn ohne Zittern und Bangen verlief noch keines der vier Franzosen-Spiele bei der Heim-EM; kein Tor vor der 58. Minute, zweimal erst in den Schlussminuten die Partie entschieden, einmal nach nur zwei Minuten im Rückstand. Das muss gegen Island besser werden. „Wir wollen nicht bis zur zweiten Halbzeit abwarten“, kündigte Evra an.

Denn eines will er bei seinem fünften großen Turnier partout nicht wieder erleben: Das Aus in der Runde der besten Acht, so wie vor zwei Jahren durch das 0:1 nach Verlängerung gegen den späteren Weltmeister Deutschland. „Ich habe keine Lust, wieder im Viertelfinale auszuscheiden“, meinte Evra.

Er wirkte entschlossen, aber auch entspannt. Die Bandage an der linken Hand vom Vorabend war auch wieder weg, der Außenverteidiger von Juventus Turin hatte sich beim öffentlichen Training ein paar Finger verdreht. Noch ein Ausfall in der Abwehr neben dem gelbgesperrten Innenverteidiger Adil Rami würde die Lage für Trainer Didier Deschamps auch noch schwerer machen. Schon so muss er in Samuel Umititi womöglich einen 22-Jährigen in einem EM-Viertelfinale, bei dem Frankreich alles zu verlieren hat, aufs Feld schicken. „Wir haben in alle Vertrauen“, versicherte Evra.

Nur soll das Vertrauen in die mannschaftliche Stärke nicht wieder überstrapaziert werden. Zu Wochenbeginn hat der bislang dreimal im Turnier erfolgreiche Antoine Griezmann bereits mit Rücksicht auf die Fans und das Volk angemahnt: „Wir müssen uns verbessern am Anfang der Spiele, ansonsten ist das nicht gut fürs Herz der Franzosen.“

Im Viertelfinale bei der Heim-EM damit anzufangen ist nicht gerade früh, aber noch nicht zu spät. Evra erwartet an diesem Sonntag (21.00 Uhr) im Stade de France von Saint-Denis ein kompliziertes Spiel. Er weiß: „Es ist eine Mannschaft, die alles für ihr Land gibt.“ Seit vier, fünf Jahren spiele das Team zusammen, dessen vermutliche Startelf die Sportzeitung „L'Équipe“ am Donnerstag auf einen Marktwert von 22,5 Millionen Euro schätzte - die Formation der Franzosen auf 345 Millionen.

Geld allein gewinnt aber keine Spiele, das haben die Isländer bewiesen. Auf dem Weg zur Euro wurde die Niederlande ausgeschaltet und mit dem Sieg gegen England haben sie sich für ihr Spiel der Spiele gegen den EM-Gastgeber erfolgreich beworben. Und der Respekt der Franzosen ist spürbar, von einem leichten Weg ins mindestens angestrebte Halbfinale wollte Evra nichts wissen. „Wenn wir Island schlagen, spielen wir gegen Deutschland oder Italien. Glück nenne ich das nicht.“