Plötzlich ein Held: Österreich feiert „Spinnenmann“ Almer

Paris (dpa) - Als Superstar Cristiano Ronaldo kommentarlos aus der Arena schlurfte, nahm der Held des Spiels ihn gar nicht wahr. Gut gelaunt plauderte Österreichs Torwart Robert Almer mit den Journalisten über seine Gala-Vorstellung beim 0:0 gegen Portugal.

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Dabei bekam er gar nicht mit, dass der dreifache Weltfußballer hinter seinem Rücken mit mürrischem Blick in die Nacht entschwand. Schon auf dem Rasen war der außerhalb Österreichs weitgehend unbekannte Almer dem Weltstar ganz nahe. Exakt elf Meter trennten beide in der Schlüsselszene des Spiels, in der Almer für wenige Sekunden den wohl bedeutendsten Moment seiner Karriere erlebte. Im Stadion wurde es ungewöhnlich still, fast 50 000 Zuschauer blickten auf das ungleiche Strafstoß-Duell. Almer hüpfte ein wenig auf der Linie, Ronaldo hüpfte gewohnt breitbeinig zum Ball - und schoss ihn an den linken Torpfosten.

Am Sonntag kommentierte der Austria-Held seine Topleistung immer noch bescheiden. „Ich habe einfach versucht, so viele Bälle wie möglich zu halten. Das ist mir glaube ich gestern ganz gut gelungen“, sagte der Keeper. Den wegen seiner Fehlschüsse mit Häme überschütteten Ronaldo nahm Almer in Schutz. „Man sollte nicht vergessen, was der Ronaldo in seiner Karriere alles geleistet und gewonnen hat. Da sollte man auch ein bisschen Demut walten lassen.“

Als der 32 Jahre alte Almer mit dem österreichischen Team am frühen Sonntagmorgen gegen 5.30 Uhr wieder im Teamquartier in Mallemort angekommen war, hat er aber wahrscheinlich in seinem Einzelzimmer immer noch über seinen Sahnetag gegrinst. Der Keeper von Austria Wien machte am Samstagabend das größte Spiel seines bisherigen Fußballerlebens. Der Mann mit der Glatze und dem rot schimmernden Vollbart sprang, kämpfte, zeigte etliche Paraden und kommentierte seine eigene Leistung im Anschluss beinahe lässig: „Passt“.

Dank ihres ungewöhnlichen Helden kann die bei der EM bisher so schwach spielende Mannschaft von Trainer Marcel Koller weiter den Einzug ins Achtelfinale schaffen. Dafür muss sie am Mittwoch gegen Island gewinnen. „Und ich bin froh, ich bin glücklich, dass er mit seiner Leistung zu diesem Unentschieden beigetragen hat“, sagte Koller mit Blick auf seinen Keeper. „Spinnenmann Almer rettet Remis gegen Portugal“, titelte die österreichische „Kronen Zeitung“.

Die fußballerische Geschichte dieses „Spinnenmanns“ ist dabei alles andere als glorreich. Bei drei deutschen Vereinen hat Almer während seiner Karriere gespielt. Sowohl bei Energie Cottbus, Fortuna Düsseldorf und auch Hannover 96 saß er im Prinzip fast immer auf der Bank. Trotz mangelnder Spielpraxis ist er im Nationalteam dennoch seit vier Jahren die unangefochtene Nummer eins.

„Ich habe von Marcel Koller das Vertrauen bekommen, das ich zuvor in meiner Karriere oft vermisst habe“, hatte Almer kurz vor der EM in einem Interview des österreichischen Fußballmagazins „Ballesterer“ gesagt. „Wir haben relativ schnell seine Qualitäten gesehen“, begründet der Trainer das ungewöhnlich große Vertrauen. Er schätze vor allem, „dass er sehr ruhig ist“, sagte Koller nach dem Spiel gegen Portugal.

Dieses Image haftet Almer auch außerhalb des Platzes an. Er sei keiner, der Stimmung macht, hat er mal gesagt. „Ich führe lieber gemütlich und in aller Ruhe Gespräche.“ Auch mit den typischen Fußballerhobbys wie Kartenspielen oder Playstation kann er nichts anfangen. „Da lese ich lieber ein Sachbuch oder schaue mir Dokumentationen an.“

Gestört wird er dabei zumindest im Teamhotel in der Regel nicht. Zwar habe er sich lange Zeit ein Zimmer mit Kapitän Christian Fuchs geteilt. Weil der aber immer so spät abends mit seiner Familie in den USA telefoniere, „hab' ich beschlossen, mir ein Einzelzimmer zu nehmen.“ Die Ruhe, die er dort genießt, strahlt er bislang auch bei der EM aus.